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Macht die Flut alles neu?

Am 1. November möchte der Bürgermeister von Bad Neuenahr gerne den notdürftig sanierten Kurpark einweihen - als ersten wiederhergestellten Park an der Ahr. Das Stadtoberhaupt braucht gute Nachrichten. Bad Neuenahr-Ahrweiler hat es bei der Flut schwer getroffen. Die geplante Gartenschau ist eh schon abgeblasen. So ist die Stadt beim Kurpark direkt vom Aufräumen zum Neumachen übergegangen; ganz ohne Planung und Landschaftsarchitekten.
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Tjards Wendebourg
Tjards WendebourgWilm
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Für die Menschen im Ahrtal und die Helfer hatte in den letzten Wochen die Hilfe für die Betroffenen und das Überbrücken der zerstörten Infrastruktur Priorität. Noch immer liegen Stromkabel, Gas- und Wasserleitungen offen im Fluss oder am Ufer. Die wichtigsten Straßen- und Fußwegverbindungen werden durch Behelfsbrücken gewährleistet. Dass es während der ersten Phase weitestgehend planungsfrei zuging, ist da verständlich. Auch der Baumbestand des Kurparks zu Neuenahr verdankt sein Überleben der Nach-Flutzeit vielleicht nur einem lokalen Landschaftsbau-Unternehmer, der im Durcheinander selbstbestimmt die Koordination übernahm, und den großen Kahlschlag verhinderte.
Wie gesagt: Mit dem Eifer des Gefechts lassen sich viele Entwicklungen der letzten Wochen erklären. Schließlich sah es am Donnerstag den 15. Juli überall an der Ahr nach Krieg und Gefechten aus. 133 Menschen kamen allein hier ums Leben. Drei werden immer noch vermisst.
Zwölf Wochen danach herrscht im Ahrtal hektische Betriebsamkeit. Denn nach dem Aufräumen beginnt jetzt der Wiederaufbau. In den Kommunen werden Aufbau- und Entwicklungsgesellschaften gegründet, um den staatlichen Fördertopf zu verwalten und den Wiederaufbau zu moderieren. Allein 28 Mrd. € haben Bund und Länder in den Fond "Aufbauhilfe 2021" für die westdeutschen Flutgebiete gesteckt. Weitere 2 Mrd. gibt der Bund für die Wiederherstellung der bundeseigenen Infrastruktur - also Autobahnen, Bundesstraßen und Schienenwege. Nun kommt die entscheidende Phase, in der die Frage beantwortet werden muss, ob es gelingt, Richtungsweisendes zu verwirklichen oder ob das Geld in konventionelle Brücken- und Betonbauwerke fließt. Die Begehrlichkeiten, Zerstörtes 1:1 zu ersetzen, werden groß sein, und es ist immer bequemer, der Gewohnheit zu folgen.
Dass ich mit dieser Sorge nicht allein bin, zeigt ein Interview mit dem Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Dr. Gerd Landsberg. Der gab der "Passauer Neuen Presse" zu Protokoll, dass er sich wundere, weshalb die Politik angesichts der massiven Zerstörungen nicht auf die Idee kommt, die Hochwassergebiete zu zukunftsorientierten Vorzeigeregionen zu machen. Wir reden darüber, die Republik zu verändern, und dann droht selbst bei einem Wiederaufbauprojekt das "Weiter so".
Diese Chance dürfen wir aber nicht verstreichen lassen! Schließlich ist mit der Flut nicht nur Schönes verschwunden, sondern sie hat auch die Bausünden der 60er- bis 90er-Jahre unterspült. Die Ahr hat an vielen Stellen wieder den Habitus eines aus dem Korsett des Wasserbaus befreiten Mittelgebirgsflusses. Und das Tal gehört vielleicht ohnehin zu einer der schönsten Landschaften Deutschlands. Die Region könnte nun mithilfe der Mittel zu einem Modell für ein synergetisches Miteinander von Natur, Tourismus sowie nachhaltiger (Land- und Wein-) Wirtschaft werden.
Dazu gehören aber Stadtplaner, Landschaftsarchitekten und Landschaftsplaner ganz vorne am Tisch platziert und lokale Klüngelstrukturen im Keim erstickt. Es ist gut, dass das gesamte Land für den Wiederaufbau zahlt. Aber dann sollte es auch für alle ein Aufbruchsignal und ein Denkmal der Nachhaltigkeit werden.
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