
Schluss mit dem Töpfesystem!
Ein ehemaliger Verfassungsrichter, eine Managerin und zwei Ex-Spitzenpolitiker - Andreas Voßkuhle, Julia Jäkel, Peer Steinbrück und Thomas de Maizière - wollen mit ihrer vielbeachteten „Initiative für einen handlungsfähigen Staat“ eine Staats- und Verwaltungsreform anstoßen.
von Tjards Wendebourg erschienen am 15.04.2025Die Regeln sollen vereinheitlicht und die Abläufe digitaler werden. Denn Deutschland hat sich in einem Verordnungsdschungel verirrt, aus dem nicht mal mehr Leute einen Ausweg finden, die sich auskennen. Wir wollen alles justiziabel und sicher machen, aber dabei sind aus einer Mischung von Übermotiviertheit, Risikoscheue, Misstrauen, Partialbetrachtung, Föderalismus, Lobbyarbeit, Klientelpolitik und Inkompetenz Regeln gewuchert, die jeden Verwaltungsakt zu einer manchmal schier unüberwindbar erscheinenden Hürde machen. Die Idee hinter der Initiative ist gut. Sie setzt auf mehr Vertrauen in die Handelnden und härtere Sanktionen gegenüber Missbrauch der reduzierten Regeln. Das würde bedeuten, dass die Aufmerksamkeit vom präventiven Regulieren auf das intensivere Kontrollieren umgeleitet wird. Es gäbe weniger Regeln, aber die müssten besser überwacht werden.
Nun ist das bei ganzheitlichen Ideen, die am Ende nur partiell umgesetzt werden, immer so eine Sache. Erstens tun sich Behörden jetzt schon bei der Überwachung der Regeleinhaltung extrem schwer (was bedeutet, dass man diese mit mehr Personal erst mal dazu ermächtigen müsste) und zweitens drohen am Ende immer zuerst die Regeln wegzufallen, mit denen sich nicht das Bierzelt rocken lässt; also zum Beispiel Dinge, die uns betreffen, wie Klimaschutz, Wasserschutz, Bodenschutz oder Artenschutz. Dabei haben wir uns auch auf diesen Feldern bei der Regulierung so verhakt, dass oft fraglich ist, ob die mit den Regeln einhergehenden Auflagen überhaupt noch den einst geplanten Zielen gerecht werden.
Und damit sind wir wieder mal bei einem Problem, das in den Vorschlägen noch gar keine Rolle spielt, obwohl es maßgeblich die Effizienz staatlichen Handelns bestimmt; nämlich dem, dass die öffentliche Hand versucht, über Thementöpfe zu steuern statt über strenge Zielorientierung. Das heißt: Die Politik verständigt sich über die Mittelausstattung eines Thementopfes (zum Beispiel „100 Mrd. Euro für Klimaschutz“), reicht das Thema dann an ausführende Behörden weiter und kommuniziert in Folge nur noch, dass sie für das Thema x ja bereits die Summe y zur Verfügung gestellt hat. Die Frage, ob die Mittel überhaupt abgerufen werden und man der Problemlösung nähergekommen ist, wird nicht mehr gestellt. Das Thema ist mindestens für die betreffende Legislatur quasi nicht mehr vorhanden. So hat sich Politik zur Ankündigungspolitik entwickelt, die letztlich Frust und Ineffizienz garantiert. Denn auch bei diesem Mechanismus fehlt die Kontrolle. Und ohne Kontrolle laufen die wenigsten Sachen auf Dauer stabil dem Ziel entgegen.
Wenn wir wollen, dass der Staat effizienter wird, müssen wir dieses Töpfesystem endlich eliminieren. In einem idealen System wird zuerst das Ziel definiert, dann wird recherchiert, welche Menschen, welche Mittel und welche Zeiträume zur Zielerreichung notwendig sind und dann wird das Projekt so formuliert, dass klar zu erkennen ist, was mit welchen Mitteln und in welchem Zeitraum erreicht werden soll. Derzeit ist das meiste ineffizientes Stückwerk und die Ergebnisse der Investitionen bleiben praktisch immer hinter dem zurück, was eigentlich notwendig wäre.
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