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Die Chance, glücklich zu machen

Nachdem nun eine (wenn auch vermutlich im Laufe der Legislaturperiode kleiner werdende) Schar von Rechtspopulisten im Bundestag sitzt (und in kleinerer Zahl nun auch im niedersächsischen Landtag) zerbrechen sich Politiker und Gesellschaftswissenschaftler den Kopf, was die Wähler dieser Partei bewogen haben mag, ihr Kreuzchen da zu setzen, wo sie es gesetzt haben.
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Tjards Wendebourg
Tjards WendebourgWilm
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Die Zahl der Erklärversuche belegt, dass es dazu keine allumfassende Erklärung gibt, außer jene, dass es mit der besagten Partei ein gut beworbenes Ventil gibt, an dem sich aus ganz unterschiedlichen Gründen angestauter Ärger trefflich ablassen lässt. Ganz offensichtlich kann man mit einem Thema, das die meisten Menschen praktisch gar nicht betrifft, trefflich Politik machen. Wie gut das geht, zeigt unser Nachbarland Österreich, in dem man mit demselben Thema sogar an oder in die Regierung kommen kann. Das ist umso erstaunlicher, als dass es einen Haufen anderer Themen gibt, die wichtiger wären.

Wie schwierig es ist, es allen recht zu machen, zeigen Studien der TU Berlin, deren Ergebnisse einen Zusammenhang zwischen Grünversorgung und Gemütszustand herstellen. Zwar sind die Menschen in den gut grünversorgten Teilen einer Stadt glücklicher und auch gesünder (was ohnehin in einem direkten Zusammenhang stehen dürfte) - die Grünversorgung macht diese Stadtteile aber auch attraktiver, teurer und damit für viele Bevölkerungsgruppen, die sich ein bisschen mehr Glück wünschen würden, unerschwinglicher. Ohnehin gilt diese Regel offensichtlich nur für die Stadt. Denn weder im Osterzgebirge noch im Bayerischen Wald kann es am Mangel an Grün gelegen haben, der zu der per Wahlschein dokumentierten Unzufriedenheit geführt hat. Aber vielleicht liegt gerade da auch ein Schlüssel zu mehr Erkenntnis.

Denn eines findet sich in fast allen Erklärversuchen politischer Entwicklungen als deren Triebfeder wieder: das Unbehagen gegenüber der Veränderung namens Globalisierung, die sich plötzlich an fremd aussehenden Menschen in der Nachbarschaft auch physisch festmachen lässt. Und an dieser Stelle muss auch eine Profession aufhorchen, die sich zum Ziel gesetzt hat, den Freiraum zum Wohl der Menschen zu gestalten. Denn der Platz, das Forum des Zusammentreffens, ist der zentrale Ort der Auseinandersetzung. Seine Gestaltung kann die Diskussion kanalisieren, kann Ruhe ausstrahlen oder aggressiv machen. Niemandem kann egal sein, wie dieser Ort gestaltet ist. Und diese Aussage gilt für das gesamte landschaftsarchitektonische und stadtplanerische Schaffen: Es ist nicht Plangrafik und Selbstdarstellung, sondern das Erzielen von Wirkung. Und das ist eine erhebliche Verantwortung.

Wer einmal einen sonnigen Tag auf dem Rheinboulevard in Köln verbracht hat, versteht, dass Landschaftsarchitektur glücklich machen kann. Die sonnenverwöhnte Bühne mit einer unvergleichbaren Kulisse und der Ruhe des Flusses als Anker präsentiert die rheinische Mentalität, in der trotz kleiner alltäglicher Rivalitäten jeder Jeck so sein darf, wie er will; als Markenzeichen Kölscher Stadtkultur. Das ist gesellschaftliche Relevanz, die jeden eingesetzten Euro wert ist und kleinkarierte Diskussionen über die Kosten von Reinigungsleistungen albern werden lässt. Das Projekt ist damit auch verdient Träger des Deutschen Landschaftsarchitektur-Preises 2017 – als Sinnbild wahrgenommener Verantwortung für ein Filetstück städtischen Freiraums. Möge die Stadt Köln, die sonst so stark im Feiern ist, den Boulevard auch endlich so feierlich einweihen, wie es ihm gebührt.

Für die Städte und Gemeinden – egal ob es Magneten sind oder solche, die für ihre Anziehungskraft kämpfen müssen – wird es in Zukunft einmal mehr heißen, für die Menschen Freiräume zu schaffen, die ihnen mehr Identifikation bieten. Und den Aufwand dafür gilt es, richtig einzuordnen und verständlich zu kommunizieren. Und für die Planer heißt es, das eigene Ego soweit zurückzustellen, wie es der Zielerfüllung im Wege steht.

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