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Stadt- und Ortsplanung

So können Sie Ihre Kommune nachhaltiger machen

Wo fängt man als Entscheidungsträgerin oder Entscheidungsträger an, eine Kommune nachhaltiger zu machen, mehr für die Zukunftsfähigkeit, die Lebensqualität, die Klimaresilienz, den Naturschutz und die Attraktivität einer Kommune zu tun? Für das Magazin FREIRAUM GESTALTEN haben wir mal den Vorschlag für eine Checkliste erarbeitet, die die wichtigsten, die Freiraumplanung betreffenden Punkte zusammenfasst.

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 Gestaltung bestimmt die Ausstrahlung einer Fläche und ihre Attraktivität für Bürger. Aber die Ansatzpunkte, in der Kommune nachhaltig zu gestalten, gehen weit darüber hinaus (Bild: WU-Gelände am Prater in Wien).
Gestaltung bestimmt die Ausstrahlung einer Fläche und ihre Attraktivität für Bürger. Aber die Ansatzpunkte, in der Kommune nachhaltig zu gestalten, gehen weit darüber hinaus (Bild: WU-Gelände am Prater in Wien). Tjards Wendebourg
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> Ein ganzheitlicher Ansatz ist die Voraussetzung für Effizienz: Ein großes Problem öffentlicher Finanzierung ist die Segmentierung in Ämter und Geldtöpfe. Die schönsten Einzelmaßnahmen bewirken wenig, wenn sie nicht in ein ganzheitliches Konzept eingebunden sind und nicht alle an einem Strang ziehen. Der erste Baustein auf dem Weg nachhaltiger zu werden, ist deshalb, strategische Ziele zu formulieren, auf die sich alle verpflichten lassen. Auf der Basis dieser Ziele wird ein ganzheitliches Konzept entwickelt, in dem auch die Ausstattung der Töpfe und die Aufgaben der Ämter berücksichtigt sind. Wir müssen weg von der Mittelverteilung in Projekte, hin zu ziel- und ergebnisorientierten öffentlichen Investitionen.

> Ausreichende finanzielle Ausstattung der Handelnden: Nachhaltigkeit fand sich in der Vergangenheit gerne in Plänen, Broschüren und Ansprachen wieder. Doch um Kommunen nachhaltig zu machen, müssen die Einheiten, die die Maßnahmen planen und umsetzen sollen, auch mit entsprechenden Mitteln ausgestattet werden. Oft sind das gute Investitionen in die Zukunft, die nur besser kommuniziert werden müssen. Denn nicht zu handeln, wird mittelfristig in der Regel teurer.

> Ganzheitliche Beratung: Planungen betrachten oft nur Ausschnitte eines Gemeindegebietes. Für eine wirklich nachhaltige Entwicklung ist eine ganzheitliche Betrachtung wichtig, die alle Ziele und Potenziale berücksichtigt. Vor der Vergabe von Planungsleistungen kann es sinnvoll sein, sich für einzelne Ziele Beratung einzuholen, deren Ergebnisse bei der Aufstellung von Planwerken als Grundlage dienen. Das kann im Kleinen direkt vor Ort, aber auch im Kontext staatlicher Förderung geschehen. Für größere Kommunen können Integrierte Städtebauliche Entwicklungskonzepte (ISEK) ein Ansatz sein. Für kleine Kommunen stehen von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche Programme zur Dorfentwicklung zur Verfügung.

> Aufstellung von eigentümerunabhängigen Flächenkatastern: Um alle Potenziale und Ziele eines Gemeindegebietes zu ermitteln und festzuhalten, sollte ein eigentümerunabhängiges Flächenkataster aufgestellt und gepflegt werden. Darin werden alle Eigentümer, alle Potenziale (zum Beispiel für den Naturschutz, für Retentionsraum, für den Klimaschutz (z.B. Gründachpotenzialkataster, Planungshinweiskarte Stadtklima), für die Energiegewinnung (z.B: Solarpotenzialkataster), für Aufenthaltsqualitäten, für den Erhalt regionaler Eigenheiten etc.), alle Ziele und alle daraus resultierenden Maßnahmen in nachvollziehbarer Sprache festgehalten. So können Kapazitäten ganzheitlich, vernetzt und zielgerichtet eingesetzt, notwendige Kommunikation ergebnisorientiert betrieben werden.

> Entwicklung von themenübergreifenden Masterplänen: Masterpläne sind übergeordnete strategische Konzepte, die ebenfalls dabei helfen, alle Maßnahmen so zu visualisieren, dass sich daraus auch Teilziele ableiten und verfolgen lassen, ohne das Grundsätzliche aus dem Auge zu verlieren. Durch übereinanderlegen von Layern/Planebenen können Konfliktfelder rechtzeitig erkannt und Konflikte vermieden werden. Zeitliche, inhaltliche und gegebenfalls personelle und finanzielle Wegweisungen erhöhen die Wirksamkeit.

> Gute Kommunikation ist alles! Die schönsten Maßnahmen nützen nichts, wenn sie nicht bei den Bürgern, Unternehmen und den betroffenen Mitarbeitern ankommen. Gute Kommunikation ist das A und O jedes erfolgreichen Veränderungsprozesses. Dazu gehört Offenheit, Nähe und Ehrlichkeit im Allgemeinen sowie Bürgerbeteiligung/Partizipation, transparente Aufbereitung der Maßnahmen und Ziele (Flyer, Pläne, Texte, Social Media), Information der lokalen Medien, Verzicht auf sperrige Fachbegriffe, das Nutzen einfacher, klarer Sprache, Beschilderung von umgesetzten Maßnahmen mit webverknüpften Inhalten (z.B. über QR-Codes) im Speziellen. Ein gutes Beispiel ist die Stadt Bad Saulgau in Oberschwaben.

> Nachhaltigkeit beginnt im Kindergarten! Kindergärten und Schulen sind die besten Orte, um für die Nachhaltigkeit zu werben. Beziehen Sie Kindergärtner/innen, Erzieher/innen und Lehrer/innen in Ihre Strategie ein und begeistern sie diese für #Umweltbildung. Über die Kinder und Jugendlichen gelangen konkrete Maßnahmen und Kontextwissen in die Familien (Beispiel: "Was Du persönlich und konkret tun kannst").

> Überprüfen und begleiten der Prozesse: Wenn sich bestimmte Abläufe erst einmal eingespielt haben, werden sie später ungern hinterfragt. Wer aber mit seiner Kommune nachhaltiger werden möchte, muss alle Prozesse auf den Prüfstand stellen. Oft kostet es gar nicht mehr Geld, Dinge anders zu machen, sondern es erfordert Energieaufwand und Kommunikation, die Gewohnheiten zu überwinden (z.B.: weniger Mähgänge auf Vegetationsflächen, dafür aber qualifiziertere Pflege, Ausgleichsmaßnahmen am Rande der Stadt, statt Maßnahmen in der Stadt etc.). Oft lassen sich auf diese Weise auch Synergien schöpfen (z.B. Zusammenarbeit von Ämtern und anderen Stakeholdern, Abbau von Doppelstrukturen).

> Betrachtung kommunaler Energieströme und  -potenziale: Nachhaltigkeit ist ganz besonders mit Blick auf die Energiebilanz einer Kommune von Bedeutung. Wo kann Energie gespart werden? Welche Anreize lassen sich für Bürger, Gewerbe und Industrie schaffen, um Energie zu sparen? Wie lässt sich vor Ort Energie gewinnen - etwa durch Bürger-Energiegewinnungsanlagen (Windenergie, Solarenergie (Photovoltaik, Solarthermie, Power-to-gas), Wasserkraft, Biomasse-Kraftwerke)? Wie kann man mehr Bürgern und Unternehmen das Nutzen der Dachflächen zur Energiegewinnung schmackhaft machen? Wie lässt sich die bei der Grün- und Flächenpflege anfallende Biomasse nachhaltig verwerten (zum Beispiel Biogas, Pellets, Briketts, Holzhackschnitzel)? Eine eigene Checkliste zur Energie-Autarkie finden Sie hier.

> Zentrale Energiegewinnungsberatung: Bevor wir die kommunalen Freiflächen mit Solarmodulen zupflastern, sollte wir die Potenziale ohnehin versiegelter Flächen voll ausschöpfen. Dazu sollte es nicht nur kommunale Anreizprogramme und Bürger-Energie-Gesellschaften geben, sondern auch Ansprechpartner in der Kommune, die interessierten Bürgern bei der Umsetzung helfen (sonnenstrom@gemeinde.de). Hilfe bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung, Batteriespeicherung, Finanzierung, Förderung und Vergabe können dafür sorgen, dass mehr Flächen Strom erzeugen, ohne das Landschaftsbild übermäßig zu beeinträchtigen. Im Projekt EULE werden übrigens auch landschaftsverträgliche Lösungen für freistehende Solarfelder untersucht. Auch lassen sich Dachbegrünung und Solarenergie bestens kombinieren.Übrigens gehört zur Nachhaltigkeitsbetrachtung auch, dass Windräder nicht nur da aufgestellt werden, wo der wenigste Widerstand zu erwarten ist (z.B. im Wald), sondern da, wo sie am wenigstens Schäden verursachen. Gute Kommunikation und wirtschaftliche Beteiligung helfen, auch siedlungsnahe Plätze zu finden. Mehr dazu in unser Checkliste "So wird ihre Kommune zur Energiestadt".

> Energiebilanz von Fahrzeugen und Maschinen beachten: Auch bei der Anschaffung von Fahrzeugen und Maschinen - etwa für die Freiflächenpflege - helfen Ökobilanzen und Lebenszykluskostenbetrachtungen bei der Entscheidung. Geräte mit E-Antrieb haben schon deshalb einen Vorteil, weil sie sich mit kommunal erzeugtem Strom betreiben lassen, weniger Lärm verursachen und die Gesundheit der Mitarbeiter schonen (Emissionen, Vibrationen, Gewichtsreduktion). Ähnliches kann in Zukunft für mit Wasserstoff betriebener Technik (Brennstoffzellentechnik, Power-to-gas) gelten.

> Infrastruktur für Elektromobilität schaffen: Der Umbau der Infrastruktur gilt natürlich nicht nur für den kommunalen Fuhrpark, sondern auch für den Individualverkehr und dessen Versorgung. Eine gute Ausstattung des kommunalen Freiraums mit Ladesäulen für eAutos und eBikes befördert die Tendenz, vom Verbrenner auf eMobilität umzusteigen. Besonders nachhaltig wird der Umbau, wenn kommunal und nachhaltig erzeugter Strom zur Verfügung gestellt werden kann. Die Ladeinfrastruktur sollte Teil der kommunalen Energiewende sein.

> Schluss mit der Fixierung auf das Auto: Bisher ist jede Siedlung für die Benutzung von Autos optimiert. Ein großer Teil des Flächenverbrauchs ist dem Autoverkehr geschuldet. Damit muss Schluss sein! Nachhaltige Kommunen entwickeln moderne Verkehrskonzepte, in denen Fußgänger, ÖPNV (Bus, Bahn, Sammeltaxi, Seilbahn etc.), Sharing-Konzepte und Radverkehr die Hauptrolle spielen. Shared Space hilft, den Flächenbedarf zu reduzieren. Infrastruktur für neue Verkehrsmittel sollten zu Lasten der bestehenden Fläche und nicht zu Lasten des Freiraums gehen. Auch auf dem Dorf darf die Verkehrsinfrastruktur nicht dem Bedürfnis des ständig größer werdenden Schleppers des letzen Landwirtes angepasst werden, sondern den Bedürfnissen der Allgemeinheit.

> Umdenken bei den Stellplätzen: Auch bei der Konzeption von neuen Siedlungen spielt der Individualverkehr eine große Rolle beim Flächenverbrauch. Entsprechende der Stellplatzverordnungen der Länder müssen Stellplätze entsprechende der Wohneinheiten ausgewiesen werden. Abgesehen, dass diese Verordnungen dringend überarbeitet werden müssen, liegt es in der Hoheit der Kommunen, bei der Ausweisung kreativ zu werden. Weshalb nicht Stellplätze zu extensiv befestigten und begrünten, zentralen Flächen zusammenfassen? Warum nicht Stellplätze in zentralisierten begrünten Parkhäusern flächensparend stapeln? Weshalb die Flächen nicht durch die Art ihrer Gestaltung (z.B. Schotterrasen) in die Grünräume integrieren? Wieso nicht die Stellflächen durch Überdachung gleich zur Gewinnung von Sonnenstrom nutzen?

> Organisation von Fahrgemeinschaften: Und, wenn das Auto schon fährt - weshalb nur mit einer Person? Über eine regionale App ließen sich Angebot und Nachfrage zeitnah miteinander in Einklang bringen sowie Versicherungs- und Abrechnungsfragen klären. Defizite im öffentlichen Nahverkehr ließen sich so schneller beseitigen.

> Mut zur Dunkelheit: Die kommunale Beleuchtung verschlingt nicht nur eine Menge Strom, sondern trägt auch noch zur Lichtverschmutzung bei. Intelligente Steuerung des Lichtes nach Bedarf, Verwendung energiesparender Leuchten (LED/Solarlampen) und der Einbau geeigneter Leuchtmittel mit Lichtfarben kleiner, gleich 3.000 Kelvin sparen gewaltig Energie und Kosten, schützen nachtaktive Tiere (Insekten, Fledermäuse etc.) und lassen Menschen gesünder leben (Störung des Tag-Nacht-Rhythmus). (Fallbeispiel: Sternenpark Rhön)

> Vorfahrt für Müllvermeidung und Recycling: Immer mehr Städte und Gemeinden leiden unter dem Anfall von Müll - besonders auf öffentlichen Flächen. Dabei helfen keine Einzelmaßnahmen, sondern nur ein ganzheitliches Konzept, in das der Handel und die Bürger einbezogen werden. Kommunikation, Informationsysteme, Pfandstrukturen, Steuer & Gebühren, Anreize, Strafen und ein gut durchdachtes Sammelsystem helfen, den Anfall von Müll zu reduzieren und die Recyclingquote zu erhöhen. Notfalls bekommen kommunale Einzelgänge Vorbildcharakter.

> Auflegen von vernetzten Anreiz- und Förderprogrammen sowie Wettbewerben: Finanzielle (Zuschüsse, Gebührenentlastung) und ideelle (Wettbewerbe) Unterstützung können Bürger, Unternehmen und Organisationen dazu bewegen, eigene Mittel und Ressourcen zu mobilisieren. Wenn die Förderprogramme (Solarenergie, Dach- und Fassadenbegrünung, naturnahe Gärten, Regenwassernutzung, Sparen von Energie & Trinkwasser etc.) fest in die kommunale Strategie und die Maßnahmenpläne eingebunden sind, werden der Gießkanneneffekte vermieden und die Schlagkraft erhöht.

> Stärkung der kommunalen Resilienz: Klimaanpassung wird zur kommunalen Pflichtaufgabe. Dabei gilt: Jede Investition, die die Gemeinde vor den Folgen des Klimawandels schützt, ist eine Investition in die Nachhaltigkeit. Dazu gehört der Schutz vor Überhitzung (freihalten von Frischluftschneisen, Pflanzung von Bäumen, Entsiegelung, Vermeiden dunkler Belags- und Dachflächen, Bau von Pergolensystemen, Schaffung von offenen Wasserflächen) ebenso, wie der Schutz vor Starkregenereignissen und Überschwemmungen (siehe dazu auch Checkliste "Schwammlandschaft"), Erdrutschen oder Felsstürzen. Beratungsangebote helfen - auch in Abstimmung mit dem eigentümerunabhängigen Flächenkataster - dezentrale Lösungen umzusetzen (Beispiel Bürgerberatung zu Starkregenereignissen in Düsseldorf). Das Flächenkataster und die Masterpläne moderieren dabei die Abstimmung zwischen den beteiligten kommunalen Ebenen. Nur wenn alle an einem Strang ziehen, werden die Maßnahmen auch zum Erfolg für alle und können auf die Umsetzung aller Ziele einzahlen. Gerade an den Schnittstellen ist eine hohe Kommunikationskompetenz aller Beteiligten notwendig, um die Individualproblematiken zu überbrücken.

> Einsatz von Software zur Simulation von Auswirkungen: Um Städte und Gemeinden nachhaltiger und klimaresilienter zu machen, reicht es nicht, nur mehr Grün oder Blau hineinzubringen, sondern die Maßnahmen richtig miteinander in Beziehung zu setzen. Softwareanwendungen (z.B. Greenpass, Klimachecktool) helfen, die Auswirkungen von Maßnahmen im Vorfeld zu bewerten. Das Umweltbundesamt (UBA) hat eine Praxishilfe zur Klimaanpassung veröffentlicht.

> Erhalt historischer Strukturen: Selbst in Siedlungen, die ab vom Ballungsraum liegen, lassen sich Ortskerne und alte Gebäude retten, wenn sie gegenüber neuen Siedlungen gefördert werden. So bleibt die identitätsstiftende Struktur erhalten, Zersiedlung wird verhindert. Die Aufwertung der Freiräume im Kern tragen besonders zur Lebensqualität bei und befördern damit die Nachhaltigkeit der Strategie (Fallbeispiel: Duchroth in Rheinland-Pfalz). Grundsätzlich ist der Erhalt historischer Substanz oft nachhaltiger, als deren Ersatz (Fallbeispiel: Umgang mit historischen Pflasterbelägen). Ganz nebenbei: Oft sorgt die Kombination von Alt und Neu für eine kaum reproduzierbare Ausstrahlung und Aufenthaltsqualität (vergleiche dazu auch die Checkliste "ortstypisches Gestalten").

> Förderung kleiner Einzelhandels-Einheiten ("Stadt der kurzen Wege"): Große Läden verbrauchen viel Fläche für die Infrastruktur und verursachen erhebliche Verkehrsströme. Kleine Einheiten helfen dagegen weniger mobilen Gruppen, fördern die wirtschaftliche Teilhabe, beleben Quartiere und machen längere Wege (Autofahrten) für kleinere Besorgungen überflüssig. Ein Ansatz: Die 15-Minuten-Stadt.

> Schutz des Ortsbildes: Nachhaltigkeit ensteht, wie schon ausgeführt durch Schutz der gewachsenen Struktur. Eine Gestaltungssatzung schützt den Ort zum Beispiel vor Gesichtslosigkeit, steigert die Identität der Bewohner mit ihrer Gemeinde und fördert die Attraktivität des innerörtlichen Siedlungsteils (eine Mustergestaltungssatzung finden Sie hier, eine Checkliste "Ortstypisch gestalten" finden Sie hier). Gerade modische Baustoffe wie Gabionen, Stabmatten-, Beton oder Kunststoffzäune, PVC-Geflechte, ungeeignete Betonwerksteine, Kies- und Schotterschüttungen (siehe hier auch Buch zur Bauwilligenberatung "Der Kies muss weg!", Checkliste: beraten oder verbieten?) etc. können die Zerstörung des örtlichen Charakters fördern. Broschüren, Auflagen (z.B. Einfriedungssatzung) und gezielte Fördermaßnahmen helfen, Bürger aufzuklären und das Ortsbild zu schützen. Die Landesregierung von Niederöstereich hat da mit dem Magazin "NÖ Gestalten" ein besonderes Beispiel geschaffen.

> Mehr Bewusstsein für Baustoffe, Bauteile und Materialien: Jede Anschaffung kann in Bezug auf Nachhaltigkeit geprüft werden. Ökobilanzen und Lebenszykluskostenbetrachtungen helfen, die Nachhaltigkeit zu bewerten. Neben der reinen Kosten- und Ökobilanzenbetrachtung spielen außerdem die regionale Herkunft (Wertschöpfung, höhere Umweltauflagen, Ausstrahlung) und die Erfüllung eines gestalterischen Zwecks eine Rolle bei der Bewertung von Nachhaltigkeit. Kommunale Förderprogramme können Lenkungswirkung in Richtung eines gewünschten Zielbildes entfalten und auch Privatleute für das angestrebte Ziel begeistern. Außerdem ist beim Einsatz der Baustoffe und Bauelemente auf ihre Naturverträglichkeit zu achten (gegen Vogelschlag gesicherte Glasflächen, amphibiengerechte Betonröhren etc.). Die Sicherung und das Wiederverwerten von Baustoffen oder die Sanierung in situ (z.B. historische Pflasterbeläge) können ebenfalls Teil einer Nachhaltigkeitsstrategie sein. Siehe dazu auch unsere Checkliste "Ortstypisch gestalten")

> Beton nur so viel, wie unbedingt notwendig: Kein Baustoff wird so gerne verwendet, als der gute alte Beton. Er ist herrlich universal einsetzbar und extrem dauerhaft. Doch die Herstellung ist sehr energieaufwändig sowie schmutzig (schlecht gefilterte Müllverbrennung im Zementofen!) und die Rohstoffe Sand sowie Kies werden in vielen Gegenden knapp. Wo immer sich die Menge eingesetzten Betons reduzieren lässt, ist ein Beitrag zur Nachhaltigkeit geleistet.

> Verwendung regionaler Rohstoffe sowie Bau- und Kulturtechniken: Die Verwendung von regionalen Baustoffen (zum Beispiel Naturstein aus lokalen Steinbrüchen!) ist nicht nur wegen der kurzen Lieferwege nachhaltig. Sie trägt auch zum Erhalt eines ortstypischen Charakters bei (Beispiel: "Dresdner Seifenstein"). Die Betrachtung der Lebenszykluskosten, des Energieverbrauchs und des Wertes für die regionale Wirtschaft ist deshalb sinnvoller als der alleinige Blick auf die Anschaffungskosten. Dasselbe gilt auch, was regionaltypische Bau- und Kulturtechniken anbelangt. Sie fördern Alleinstellungsmerkmale, geben Perspektiven für die regionale Wirtschaft und steigern die Anziehungskraft (Trockenmauern, Zaunbau, Streuobstwiesen, Rebgärten, Sonderkulturen, Fischerei etc.).

> Schonender Umgang mit Fläche und Boden: Weder die Fläche, noch der anstehende Boden lassen sich vermehren. Umso wichtiger ist der bewusste Umgang mit beiden Ressourcen. Bevor neue Fläche verbraucht und bestehendes Bodengefüge zerstört wird, sollten alle Mittel der Optimierung der bestehenden Infrastruktur ausgeschöpft und Alternativen zur Neuausweisung von Wohn-, Gewerbe- oder Industrieflächenen überprüft sein (z.B. interkommunale Gewerbegebiete). Auch die Multicodierung von Flächen, also die konzipierte Mehrfachnutzung, spart Fläche. Die "dreifache Innenverdichtung (Konzentration im Kern, Schaffung von Grün, neue Lösungen für Mobilität) hilft ebenfalls Fläche zu sparen.
Bei Neubau von Siedlungsflächen ist der Eingriff zu minimieren, der Untergrund vor Verdichtung zu schützen und der geförderte Boden so sorgsam wie möglich zu lagern oder wiederzuverwenden. Statt Bodenanschnitte oder Gestein nach Baumaßnahmen mit Boden "abzudecken", ist es nachhaltiger (und oft auch attraktiver) mit dem natürlichen Untergrund gestalterisch zu arbeiten. Oft entstehen so wertvolle Biotope.

> Umweltbaubegleitung bei Maßnahmen zwingend festlegen: Umweltbaubegleitung ermöglicht es, Schutzgüter wie Biotope, Wasser oder Boden während der Abwicklung von Baumaßnahmen fachgerecht zu schützen. Sie sollte bei jeder größeren Baumaßnahme verpflichtend vorgeschrieben und fachlich gut besetzt werden. Mit der Umweltbaugleitung können im Vorfeld beschlossene und geplante Ziele bis zum Ende eines Eingriffes gewährleistet werden.

> Vorsicht mit Nachverdichtung: "Nachverdichtung" ist das Zauberwort gegen Flächenfraß und Wohnungsnot. Doch aufgepasst: Für die Überbauung freier Flächen sollten vorrangig unterqualifiziert genutzte Bereiche (alte Industrie- und Gewerbeliegenschaften, Straßen- und Parkräume etc.) aufgewertet werden, bevor ökologisch wertvolle Brachen, Kleingärten oder andere Grünräume überbaut werden. Je stärker nachverdichtet wird, desto wichtiger wird die Gestaltung der Restflächen. Entsiegelung von versiegelten Flächen hilft, Verluste zu kompensieren.

> Entschlossenes Auftreten gegenüber Investoren: Ihre Gemeinde ist morgen auch noch da, der Investor vielleicht nicht mehr. Lassen Sie sich keine Gestaltungen aufdrängen, die der langfristigen Entwicklung der Kommune schaden (Umweltschäden, Verschandelung des Ortsbildes, Verlust von Naturschätzen etc.). Gewinnmaximierung des Einzelnen darf nicht über dem Gemeinwohl stehen! Das gilt ganz besonders bei großflächiger Überbauung und Versiegelung. Nachhaltige Wirtschaftsförderung berücksichtigt die gesamte Entwicklung des Gemeinwesens und nimmt Investoren in die Verantwortung, zum Wohle aller zu agieren. Eine verpflichtende Investorenberatung sensibilisiert Vorhabenträger für das Zielbild des Gemeinwesens. Absprachen lassen sich in städtebaulichen Verträgen festhalten.

> Eindeutige Auflagen bei der Ausweisung von Siedlungen und Gewerbegebieten: Einmal getroffene Entscheidungen lassen sich nachträglich nur schwer revidieren. Gerade bei langfristigen Planungen muss deshalb nachhaltig gedacht werden. Vorgaben an Bauherren und Investoren und Festlegungen in Bebauungsplänen sorgen dafür, dass die kommunale Strategie auch auf die einzelnen, neu überbauten Grundstücke heruntergebrochen wird. Dazu gehören klare kommunale Vorgaben für den Rahmen des neu zu bauenden Siedlungsteils sowie Vorgaben und Hilfestellungen für die Grundstückseigentümer. Das "Schottergartenverbot", wie es in Baden-Württemberg beschlossen worden ist und wie es auch auf kommunaler Ebene bereits in vielen Städten und Gemeinden besteht, ist ein Beispiel. Eine Hilfestellung für gewerbliche Bauherren und die nachhaltige Gestaltung von Gewerbegebieten finden Sie hier: Gewerbegrundstücke nachhaltig gestalten, eine Hilfe für die Bauwilligenberatung ist das Büchlein #DerKiesmussweg.
Auflagen für Baumpflanzungen müssen nicht nur die Pflanzung selbst betreffen, sondern auch die Pflege und den Ersatz bei Ausfall. Nur dann werden die Bäume auch wertgeschätzt und erhalten.

> Durchsetzungskraft an den Tag legen! Was helfen Auflagen, wenn sich allgemein herumgesprochen hat, dass ihre Nichtbeachtung keine Folgen hat? Es gehört zur Daseinsvorsorge, dass Kommunen ihre Interessen bzw. die Interessen der Bürger gegenüber Vertretern von Einzelinteressen verteidigen zu können. Dementsprechend muss die Bauaufsicht personell und technisch entsprechend ausgestattet sein.

> Mut zum Umbau bestehender Strukturen: Auch wenn es schwierig ist, einmal geschaffene Strukturen zu verändern - es geht. Das eigentümerunabhängige Flächenkataster hilft dabei, auch bei schrittweisem Vorgehen, die Strategie nicht aus dem Auge zu verlieren. Flächen zurückzubauen oder zu renaturieren kann kommunale Lebensqualität erheblich steigern und die Aufwendungen für den Unterhalt reduzieren.

> Nicht nur Bau, sondern auch Rückbau! In der Vergangenheit ist oft lieber Neues neben Altem gebaut worden, statt komplett neu zu denken. So entstanden Doppelstrukturen, die ungeheuren Flächenverbrauch bedeuten. Kluge Stadtplanung denkt Bedürfnisse von morgen mit und geht sparsam mit der Fläche um. Das gilt eben auch für die Nachverdichtung, die keinesfalls auf Kosten der wertvollen Freiräume geben darf.

> Besonderes Augenmerk auf großflächig versiegelte Flächen: Verkehrsflächen und Parkplätze versiegeln große Anteile des Gemeindegebietes. Sie bestimmen die Ausstrahlung einer Kommune und werden kaum je wieder zurückgebaut. Um so wichtiger ist es, bei der Einbindung in die Landschaft, der Wahl der Materialien und der Gestaltung der angrenzenden Räume klug zu planen und einer nachhaltigen Strategie zu folgen. Wie so etwas für große Parkplatzflächen aussehen kann, beschreibt die Checkliste für die Gestaltung von Großparkplätzen.

> Eindämmung der Versiegelung/Entsiegelung von Verkehrflächen: Gerade im ländlichen Raum muss nicht jede Zuwegung bis zu letzten Mülltonne asphaltiert werden. Bilder von Ordnung und Sauberkeit sind vielmehr dringend neu zu denken. Extensiv befestigte Verkehrsflächen und grüne Säume verbessern nicht nur das Kleinklima und die Lebensqualität in den Siedlungen - sie erhöhen auch die Artenvielfalt im Siedlungsbereich. Parkplätze gehören reduziert und zurückgebaut. Die richtige Kommunikation und geeignete Bilder helfen, Verständnis zu etablieren und überkommene Prinzipien zu überwinden.

> Schaffung und/oder Schutz grüner Strukturen ("Grüne Infrastruktur"): Über das eigentümerunabhängige Flächenkataster lassen sich auch zusammenhängende Grünstrukturen realisieren und Fördermittel gezielt vergeben. Dazu gehören Grünzüge, Alleen (Argumentationshilfe Straßenbäume), Gartenanlagen, Fassaden- und Dachbegrünungen. Mit der Begrünung von Zäunen (z.B. Stabmatten- oder Masschendrahtzäune) und Pfosten (z.B. Laternenfähle) lassen sich auf engstem Raum lineare oder punktuelle ("Trittstein") Strukturen realisieren! Eine Liste geeigneter Kletterpflanzen finden Sie hier. Spezielle Fördertöpfe helfen, Lücken in der Struktur zu schließen (siehe dazu auch BuGG-Marktreport Gebäudegrün, Argumentationshilfe Dachbegrünung). So können Habitate geschaffen, die Temperaturen gesenkt, die Staubbindung gefördert und die Lebens- und Aufenthaltsqualität gesteigert werden (siehe auch Beispiel Bad Saulgau).

> Umbau des Stadtgrüns: Oft ist Bepflanzung als Abstandsgrün eingesetzt worden. Dabei ist das Stadtgrün ein wichtiger Baustein, um die Kommune ökologischer, resilienter und lebenswerter zu machen. Statt Flächen einfach zu "begrünen", sollten Gehölze, Stauden, Kletterpflanzen sowie Rasen-/Wiesengesellschaften so eingesetzt werden, dass sie zusammenwirken und möglichst große Effekte erzielen. Stabile Staudenpflanzungen sind nicht nur attraktiver, sondern oft in Summe auch leichter zu pflegen. Stadtbäume wiederum sollten so gepflanzt werden, dass ihnen ein langes Leben beschieden ist. Dafür muss der Standort optimal vorbereitet (siehe Pflanztipps von Dr. Philipp Schönfeld), der Baum entsprechend geschützt und die verwendeten Arten auf zunehmende Trockenheit und Hitze hin ausgewählt werden (Liste von Bäumen mit Zukunftscharakter). Trittsteinbiotope und kleine Pocket-Parks können in ihrer Summe und im Netzwerk große Wirkung entfalten.

> Privatgärten sind ein wichtiges Potenzial! Zwar hat die Kommune keinen direkten Zugriff auf das private Grün, aber die fast 7.000km² an Gartenfläche alleine in Deutschland (etwa 17 Mio. Gärten) sind zu bedeutend, um sie innerhalb einer kommunalen Nachhaltigsstrategie einfach außen vor zu lassen. Über Beratung, Förderprogramme, Gestaltungssatzungen, Bepflanzungsgebote, Versiegelungsbegrenzungen und Wettbewerbe können Bürgerinnen und Bürger ermuntert werden, sich für Nachhaltigkeit und Biodiversität einzusetzen. Ein Leitfaden zur nachhaltigen Gartengestaltung finden Sie unter diesem Link.

> Umbau des kommunalen Waldes: Kommunen, die Waldflächen in ihrem Eigentum haben, können dort mit gutem Beispiel vorangehen. Dazu gehört das Ausweisen von Naturwaldparzellen, das maßvolle Aufforsten mit standortorttypischen und/oder zukunfstfähigen Baumarten, die nachhaltige Entnahme von Holz, das schonende Bearbeiten des Bodens, der Schutz von Krautschicht, Unterwuchs und Naturverjünung, das Belassen von älteren Stämmen/Altholz im Wald, den Schutz der Wegraine und das strenge Unterbinden von Ablagerungen aller Art. Gerade stadtnahe Wälder sind treffliche Orte nachhaltiger Umweltbildung!

> Besondere Regeln für landwirtschaftliche Flächen in Ortsnähe: Auch für Acker- und Grünland in kommunalem Eigentum sollte nicht das Wertschöpfungs- sondern das Vorbildprinzip gelten. Sie sollten im weitesten Sinne zu Ausgleichsflächen der Stadt werden; also: Vorfahrt für biologische Bewirtschaftung und Naturschutz (z.B. über Vertragsnaturschutzprogramme (VNP)), Entwicklung von artenreichen Ackerrainen und Hecken, schonende Bodenbearbeitung, Dünung und Pflanzenschutz nach Prinzipien der biologischen Landwirtschaft. Bei landwirtschaftlichen Flächen in Privatbesitz sollten die Kommunen ihren Einfluss geltend machen und Anreize schaffen, mit dem Ziel, dass diese Flächen auf dieselbe Art bewirtschaftet werden. Auch stadtnahe Agrarflächen sind Orte nachhaltiger Umweltbildung! Ein gutes Beispiel für nachhaltiges Verpachten bietet das bayerische Projekt A.ckerwert.

> Vernetzung regionaler Akteure und Produzenten: Wer regionale Produktion und regionalen Verkauf fördert, leistet einen Beitrag zur Nachhaltigkeit. Weshalb kann es also nicht Aufgabe einer Kommune sein, die Landwirte und Kunden in der Region zusammenzubringen - über Märkte, eine Regionalwebseite, eine App, eine/n Ansprechpartner/in in der Gemeinde - schließlich profitiert das gesamte Gemeinwesen.

> Kartierung, Schutz und Ausbau der kommunalen Biotope: In jeder Kommune gibt es bereits Flächen, deren Potenzial sich durch gezielte Förderung heben lässt. Solche Flächen sollten zuerst bewertet und dann mit ihrem Potenzial und ihren Zielen in ein Flächenkataster aufgenommen werden. Dazu gehören Restflächen mit offener Vegetation, abwechslungsreich bewachsene Brachen, Ufer, Böschungen und Wände mit anstehendem Gestein oder Boden, Altbäume (Habitatbäume) und Waldflächen, Alleen und Hecken, Hohlwege, Natursteinmauern, alte Friedhöfe, Nistplätze von Mauerbrütern oder anderen seltenen Vogelarten. Bei jeder Baumaßnahme müssen auch indirekte Einflüsse auf die Lebensgemeinschaften gründlich geprüft und in der Planung berücksichtigt werden. Ein Liste kommunaler Biotope finden Sie hier.

> Schaffung neuer Biotope: Jede Kommune kann etwas gegen das Artensterben tun. Über das eigentümerunabhängige Flächenkataster können Flächen bestimmt werden, die zu Biotopen ausgebaut oder an denen Rückzugsräume für bestimmte Tier- und Pflanzengesellschaften geschaffen werden können. Die Idee von Peter Berthold kann dabei durchaus Anregung sein. Auch hier bietet die Stadt Bad Saulgau ein schönes Beispiel. Aus punktuellen Biotope kann im Zuge eines Trittstein-Konzeptes eine Biotopstruktur erwachsen. Selbst ein toter Park- oder Straßenbaum kann, wenn er verkehrssicher gemacht und entsprechend beschildert wird, zum Habitatbaum werden. Ein Liste potenziell vorhandener oder möglicher kommunaler Biotope/Biotoptypen finden Sie hier.

> Ertüchtigung des Bauhofs zu einer Biotop-Pflegeeinheit: Im Zuge des veränderten Pflegeregimes in den Kommunen, weg vom Ordnung machen und hin zur Biodiversitätssicherung kommt auch den Bauhöfen eine neue Rolle zu: Als "kommunaler Außerdienst" können sie dazu ertüchtigt werden, in Abstimmung mit den Naturschutzbehörden und -einrichtungen von Stadt, Kreis oder Bezirk den qualifizierten Unterhalt der kommunalen Biotope zu gewährleisten. Das reicht von der Pflege, bis zum Schutz und der Entwicklung. Weshalb sollte eine Stadtgärtnerei nicht zum Beispiel auch gefährdete lokale Pflanzenarten kultivieren und für das Auswildern im Gemeindegebiet vorbereiten können? (Beispiel: Stadtgärtnerei Straubing)

> Blumenwiesen und Blühstreifen sind keine Allheilmittel! Das richtige Saatgut (am besten "gebietsheimisch") und der richtige Boden vorausgesetzt, können auch neu angelegte "Blumenwiesen" und "Blühstreifen" wertvolle Biotope werden (Checkliste "Blumenwiesen fachgerecht ansäen"). Oft sind es aber Alibiveranstaltungen, die in den Folgejahren wieder verschwinden. Besser ist es, Flächen mit entsprechendem Potenzial richtig zu pflegen, Biotope zu schützen oder im urbanen Umfeld mit dauerhaften Staudenpflanzungen langfristige Effekte anzustreben.

> Schutz der Gewässer im Siedlungsgebiet ("Blaue Infrastruktur"): Flüsse, Bäche und Seen haben für die Kommune besonderen Wert. Jede Investition in die "blaue Infrastruktur" ist eine Investition in die Nachhaltigkeit. Gewässer erhöhen die Anziehungskraft, stellen besonders wertvolle Biotope dar und sind für die kommunale Wasserversorgung von besonderer Bedeutung. Nachhaltige Investitionen betreffen hier den Schutz von Quellen, die Steigerung der Wasserqualität, die Stabilisierung des Grundwasserspiegels, die Wiederherstellung natürlicher Ufer und das Erlebbarmachen von Ufern und Wasserflächen. Trinkwasserbrunnen und Befeuchtungsanlagen, also künstliche blaue Infrastruktur, können das Leben in urbanen Gebüten im Sommer zusätzlich angenehmer machen. Der Schutz der Feuchtlebensräume ist gleichzeitig ein Beitrag zur Wassergaltung in der Fläche (siehe dazu auch Checkliste "Schwammlandschaft".)

> Neuer Umgang mit dem Niederschlagswasser: In der Vergangenheit haben die Ingenieure - vereinfacht formuliert - das Niederschlagswasser zum Spülen der Kläranlagen verwendet. Gerade vor dem Hintergrund des zunehmenden Auftretens von Trockenperioden ist das unsinnig. Regenwassernutzung, Regenwasserversickerung und Regenwasserrückhaltung gehört der Vorrang vor Regenwasserableitung eingeräumt (Wasserhaushaltsgesetz - WHG). Grauwassernutzung gehört gefördert. Dafür wird langfristig ein Umbau der Infrastruktur notwendig. Gesplittete Abwassersatzungen sind selbstverständlich. Neue Siedlungen müssen autark im Hinblick auf die Behandlung des Niederschlagswassers geplant werden (z.B. Schwammstadt/Sponge City). Multifunktionale Plätze z.B. wie Spiel- oder Erholungsflächen, die bei Starkregen zugleich als Retentionsraum dienen oder Flächenmulden vor Bahnschienen, die bei Starkregen vor Überflutung der Gleiskörper schützen) helfen, den Regenwasserabfluss zu mindern und auch bei Starkregenereignis große Wassermengen zwischenzuspeichern. >> siehe Checkliste "Schwammlandschaft"

> Schutz des Grundwassers: Der Umgang mit Niederschlagswasser hat auch große Auswirkungen auf das Grundwasser. Wo immer Grundwasserneubildung erfolgen kann, sollte sie gefördert werden (Retention, Bodenfilter). Jede übermässige Entnahme (ganz besonders, wenn sie illegal ist) und Verschmutzung (z.B. Überdünungung) sollte auf dem Gemeindegebiet unterbunden, das Bewusstsein für den Wert sauberen Grundwassers in ausreichender Menge gefördert werden. Dazu gehören auch Anreize und Kampagnen zum Sparen von Trinkwasser.

> Pflegeregime in der Grünflächenpflege überarbeiten: Nicht der vorhandene Maschinenpark sollte die Art der Pflege bestimmen, sondern die angestrebten Ziele. Oft bedeutet das nicht mehr Aufwand, sondern nur eine Umorganisation und möglicherweise die Anschaffung neuer Technik. Naturnahe Pflege kann zum Beispiel bedeuten, die regelmäßige Mahden von Grünflächen zurückzufahren, dafür aber nicht mehr zu mulchen und das Schnittgut aufzusammeln und zu verwerten (Energie aus Biomasse, kommunaler Kompost). Worauf es bei der nachhaltigen Pflege ankommt, verraten wir in dieser Checkliste. Bei der Pflege sollte auch Rücksicht auf vorhandene oder potenzielle Biotope genommen werden (exemplarische Liste pozenzieller kommunaler Biotope)

> Schluss mit überkommenen Ordnungs- und Sauberkeitsidealen! Das Verändern des Pflegeregimes bedeutet nicht nur Änderungen bei der Technik und den Handelnden in der Pflege durchzusetzen - es verlangt auch ein Umdenken bei Bürgerinnen und Bürgern. Deshalb ist gerade beim Unterhalt die Kommunikation von höchster Priorität. Überkommene Ordnungs- und Sauberkeitsideale tragen zum Insektensterben bei! Das muss eindeutig benannt, die veränderten Pflegeziele müssen damit in Verbindungen gebracht werden. Initiativen wie #Miniwildnis und #Krautschau verknüpfen Umweltbildung mit Öffentlichkeitsarbeit.

> Nachhaltige Pflege/Unterhalt ist Daseinsfürsorge: Bei der Pflege und dem Erhalt von Strukturen geht es nicht um die Minimierung von Kosten, sondern um den Erhalt von Gemeinschaft, Identität und Biodiversität. Die jahrzehntelange Fokussierung auf die Kostenminimierung in der Flächenpflege ist angesichts der Leistungen und der vielen Ansprüche, denen öffentliche Flächen gerecht werden müssen, nicht zeitgemäß!

 

> Eine weitere Checkliste zur sozialen Nachhaltigkeit bei der Stadtraumgestaltung finden Sie hier.

Diese Checkliste ist als Service der Magazine FREIRAUM GESTALTEN (Bauamt, Stadtplanungsamt, Grünflächenamt), Naturschutz- und Landschaftsplanung (Umweltamt) sowie FLÄCHENMANAGER (Bauamt, Bauhof) entstanden. Wenn Sie Ihre Ämter mit den genannten Magazinen ausrüsten, bleiben Sie immer auf dem aktuellen Stand.

 

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