So wird Ihre Kommune zur Energie-Stadt
Strom- und Gasmangel mit nachfolgend hohen Rohstoffpreisen sind begrenzende Faktoren für einen Standort und seine Entwicklung. Wie kann man die lokale Strom- und Wärmeversorgung stabiler aufstellen, die Preise im Griff behalten, die Kreislaufwirtschaft fördern und zugleich die Wertschöpfung vor Ort behalten? Hier ist eine Checkliste mit Anregungen auf dem Weg zur energieautarken Kommune.
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- Entwurf, Stand: 29.01.2023 -
> Am Anfang steht die Bedarfsanalyse: Welche Energien werden zu welchen Zeiten gebraucht? Welche Verbrauchsspitzen treten auf? Welche Veränderungen des Verbrauchsprofils ergibt sich durch die angestrebten Entwicklungsziele? All diese Erkernntnisse gehören in eine Bedarfsanalyse, die am Ende als Grundlage der Planung von Maßnahmen zur Energiegewinnung und Beschaffung dient.
> Betrachtung kommunaler Einsparpotenziale: Wo kann Energie gespart werden? Welche Anreize lassen sich für Bürger, Gewerbe und Industrie schaffen, um Energie zu sparen? Ideen und Strategien können als Maßnahmenpaket in die Gesamtbetrachtung integriert werden.
> Die Potenzialanalyse macht Aussagen zu Energiegewinnungspotenzialen: Welche Energieträger und Energiequellen gibt es vor Ort? Welche Flächenpotenziale gibt es für die Erzeugung von Windstrom, Solarenergie, Erdwärme, Wasserkraft oder Biogas? All das gehört in eine gründliche Potenzialanalyse, mit der sich ermitteln lässt, wie viel Energie sich in den Grenzen einer Kommune gewinnen lässt und welche Ressourcen mit welchem Anteil daran beteiligt sind. Daraus lässt sich ein lokaler Energiemix skizzieren und der mögliche Grad der Selbstversorgung abschätzen. Das Nutzen bereits versiegelter Flächen (Dächer, Parkplätze, Straßen) sollte dabei vorrangig erfolgen.
> Ein guter Mix kann aus zahlreichen Energieträgern bestehen: In jeder Kommune gibt es zahlreiche Möglichkeiten, mit lokalen Ressourcen Strom und Wärme zu produzieren. Das reicht von der Solarenergie (Photovoltaik/Solarthermie), über die Windkraft, die Nutzung von Biomasse (Biogas, Restholz, Hackschnitzel, Pellets, Brikettierung von Grüngut und Herbstlaub, Strohheizkraft), die Wasserkraft (Fluss-, Druck-, Gezeitenkraftwerke) bis zur Erdwärmenutzung (Hydrothermie, Wärmepumpen). Daneben lässt sich die Abwärme von landwirtschaftlichen Anlagen oder Industriebetrieben nutzen.
> Energieversorgung ist Daseinsvorsorge. Das Allgemeinwohl geht deshalb vor Eigennutz: Da die Energiegewinnung immer in Flächenkonkurrenz zu anderen Nutzungen oder Zielen steht, wird die Flächennutzung so geplant, dass die Konflikte möglichst klein bleiben. Das Wohl aller steht dabei über Einzelinteressen. Die konfliktfreie Doppelnutzung von Flächen (z.B. prioritäre Nutzung von ohnehin versiegelten Flächen für die Solarstromgewinnung) ist vorrangiges Ziel des Ausbaus.
> Das eigentümerunabhängige Flächenkataster hilft, konfliktfrei zu planen: Ein aus zahlreichen Layern bestehendes Kataster hilft, alle Potenziale und Ziele eines Gemeindegebietes zu ermitteln und festzuhalten. Darin werden alle Eigentümer, alle Potenziale (zum Beispiel für den Naturschutz, für Retentionsraum, für den Klimaschutz (z.B. Gründachpotenzialkataster, Planungshinweiskarte Stadtklima), für die Energiegewinnung (z.B: Solarpotenzialkataster), für Aufenthaltsqualitäten, für den Erhalt regionaler Eigenheiten etc.), alle Ziele und alle daraus resultierenden Maßnahmen in nachvollziehbarer Sprache festgehalten. So können Kapazitäten ganzheitlich, vernetzt und zielgerichtet eingesetzt, notwendige Kommunikation ergebnisorientiert betrieben werden.
> Zentrale Energiegewinnungsberatung: Bevor wir die kommunalen Freiflächen mit Solarmodulen zupflastern, sollte wir die Potenziale ohnehin versiegelter Flächen voll ausschöpfen. Dazu sollte es nicht nur kommunale Anreizprogramme und Bürger-Energie-Gesellschaften geben, sondern auch Ansprechpartner in der Kommune, die interessierten Bürgern bei der Umsetzung helfen (sonnenstrom@gemeinde.de). Hilfe bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung, Batteriespeicherung, Finanzierung, Förderung und Vergabe können dafür sorgen, dass mehr Flächen Strom erzeugen, ohne das Landschaftsbild übermäßig zu beeinträchtigen.
Im Projekt EULE werden übrigens auch landschaftsverträgliche Lösungen für freistehende Solarfelder untersucht. Auch lassen sich Dachbegrünung und Solarenergie bestens kombinieren.Übrigens gehört zur Nachhaltigkeitsbetrachtung auch, dass Windräder nicht nur da aufgestellt werden, wo der wenigste Widerstand zu erwarten ist (z.B. im Wald), sondern da, wo sie am wenigstens Schäden verursachen. Gute Kommunikation und wirtschaftliche Beteiligung helfen, auch siedlungsnahe Plätze zu finden.
> Kommunale Energieberatung hilft, den Bedarf zu reduzieren: Ebenso wie es im Interesse der Kommune ist, möglichst viele Bürger für die Möglichkeiten zu sensibilisieren, selbst Strom zu produzieren, muss es auch im Interesse der Allgemeinheit sein, die Bürger in Richtung Energieeinsparung zu beraten. Eine zentrale Stabstelle in der Verwaltung kann das ebenso sein, wie Ansprechpartner bei den Eigenbestrieben.
> Energiegewinnungsanlagen gut planen: Energiegewinnungsanlagen gehören da hin, wo die Verbraucher sind, wo es Einspeisungspunkte gibt, wo die Verteilernetze ausrteichend tragfähig sind, wo es Möglichkeiten der Speicherung gibt und nicht zuletzt, wo die Energiequellen auch ausreichend zur Verfügung stehen, um ökonomisch zu produzieren (z.B. Sonne, Wind, Biomasse). Während es bei der Diskussion um den Netzausbau übrigens oft um den Ferntransport geht, gerät der Ausbau der lokalen Verteilernetze oft in den Hintergrund. Ohne Verteilernetze keine Energiewende!
> Bürgerbeteiligung steigert die Akzeptanz: Energiegewinnung gehört in Bürgerhand. Wenn Bürger wirtschaftlich von Energiegewinnungsanlagen profitieren, steigt die Bereitschaft, die Anlagen in der Nähe zu akzeptieren. Das kann über direkte Anteile an einzelnen Anlagen oder über Bürgerenergieanlagen erfolgen, an denen sich die Bürger beteiligen können.
> Die Landwirtschaft ist ein wichtiger Baustein der lokalen Energiegewinnung: In einem regionalen Energiemix lassen sich auch kleinere Einheiten wirtschaftlich einbinden. Über den gezielten Anbau von Energiepflanzen kann die Energiegewinnung aus Biomasse gefördert werden. Dabei geht es weniger um ökologisch schädliche Maismonokulturen zur Erzeugung von Biogas, als vielmehr um vielfältige Kulturen von Miscanthus, über Pflanzenmischungen, Kurzumtriebsplantagen (z.B. Pappel) bis hin zur Verwertung von Ernteabfällen (Strohheizkraft) oder tierischen Ausscheidungen.
> Flächenpflege kann der Energiegewinnung dienen: Viele kommunale Flächen müssen gemäht oder von Aufwuchs befreit werden, hochaufwachsende Neophyten (Knöterich, Bärenklau, Sprimngkraut) aus der Fläche entfernt, Gartenabfälle und Herbstlaub müssen eingesammelt werden. In einem Energiekonzept kann die anfallende Biomasse gesammelt, getrocknet und brikettiert oder pelletiert und anschließend verstromt werden. (Vergleiche dazu: Projekt LaubCycle zur thermischen Laubverwertung)
Modell-Kommunen/Energieautarke Gemeinden:
> Ascha (Bayern, LK SR)
> Benndorf (Sachsen-Anhalt, LK MSH)
> Bubenreuth (Bayern, LK ER)
> Fuchstal (Bayern, LK LL)
> Schönau/Elektrizitätswerke Schönau EWS (Baden-Württemberg, LK LÖ)
> St. Peter (Baden-Württemberg, LK FR)
> Steyerberg (Niedersachsen, LK NI)
> Treuenbrietzen-Feldheim (Brandenburg, LK PM)
> Wildpoldsried (Bayern, LK OA)
> Alle Energie-Kommunen auf einen Blick
Quellen:
> Geoenergie: Niedertemperatur-Aquiferspeicher ermöglichen klimafreundliches Heizen und Kühlen (KIT)
> Wattway -Solarenergie aus Flächenbelägen (by Leonhard Weiss)
> Was tun mit dem Herbstlaub? (Biogas aus Laubkompost,2022)
> Laub- und Grünschnittverwertung in Berlin (Brikettierte Biomasse, 2021)
> LaubCycle (Energie aus Herbstlaub, Projekt in Schortens läuft bis 2024)
> SET Laub (Abschlussprojekt Energie aus Laub, 2019)
> Herbstlaub? Blattgold! (Energie aus Herbstlaub, 2012)
> Zu schade für den Kompost (Energie aus Biomasse, das florafuel-Verfahren, 2012)
> Kommunale sektor- und spartenübergreifende Energieleitplanung (KSSE, 2024)
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