Mustergestaltungssatzung für Städte und Gemeinden
Wie lassen sich die Attraktivität der kommunalen Freiräume steigern, ortstypische Merkmale erhalten und die Ausbreitung billiger und das Ortsbild zerstörender Industrieprodukte vermeiden? Wir haben einmal eine Mustergestaltungssatzung aufgestellt, die als Vorlage für die Formulierung individueller Freiflächengestaltungssatzungen genutzt werden kann.
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Präambel
Liebe Bürgerinnen und Bürger!
Um die Attraktivität unserer Kommune zu erhalten, versuchen wir negative Auswirkungen der Entscheidungen Einzelner auf das Stadt-/Gemeindebild zu begrenzen. Mit der vorliegenden Gestaltungssatzung legen wir bestimmte Bauweisen fest, schließen die Verwendung bestimmter Materialien aus oder geben Empfehlungen für die Gestaltung der an den öffentlichen Raum angrenzenden Freiflächen.
§ 1 Geltungs- und Anwendungsbereich
(1) Diese Satzung gilt im gesamten Stadtgebiet für die unbebauten Flächen der bebauten Grundstücke im Innenbereich nach § 34 BauGB und für die äußere Gestaltung baulicher Anlagen. Sie ist auf Vorhaben anzuwenden, für die nach Inkrafttreten der Satzung ein Bauantrag oder ein die baurechtliche Prüfung umfassender Antrag gestellt wird oder eine Vorlage der Genehmigungsfreistellungsunterlagen erfolgt.
(2) Ein der Satzung entsprechender Zustand ist auf Dauer zu erhalten.
§ 2 Ziel der Satzung
Die Satzung verfolgt das Ziel, die Nutzung, Gestaltung und Bepflanzung von Grundstücksfreiflächen und die Begrünung baulicher Anlagen in klimaangepasster Form sicher zu stellen, um gesunde Lebensverhältnisse zu gewährleisten und die natürlichen Lebensgrundlagen zu bewahren.
§ X Begriffe und Allgemeines
(1) Begrünung im Sinne der Satzung ist die dauerhafte Bepflanzung.
(2) Die Herstellung der Begrünung hat spätestens in der auf die abschließende Fertigstellung des Bauvorhabens (gemäß § 84 (1) HBO) folgenden Pflanzperiode zu erfolgen.
(3) Abgängige Pflanzen sind spätestens in der darauffolgenden Pflanzperiode gleichwertig zu ersetzen.
(4) Die nach dieser Satzung zu pflanzenden Bäume und Sträucher müssen standortgerecht sein. Die Empfehlungen an die Standortgerechtigkeit ergeben sich aus einer begleitenden Broschüre.
§ X Gestaltung der unbebauten Flächen der baulichen Grundstücke
(1) Die nicht überbauten Flächen einschließlich der unterbauten Freiflächen der bebauten Grundstücke sind unter Berücksichtigung vorhandener Gehölzbestände zu begrünen und mit Bäumen und Sträuchern zu bepflanzen, soweit diese Flächen nicht für eine andere zulässige Nutzung wie Stellplätze und Arbeits- oder Lagerflächen, Spiel- und Aufenthaltsflächen, benötigt werden. Dabei sind standortgerechte und vorwiegend heimische Gehölzarten und Obstgehölze zu verwenden. Unsere Gestalzungsfibel gibt Ratschläge zu attraktiven Gestaltungslösungen (Beispiel: Gartenfibel der Stadt Bad Saulgau)
(2) Zuwege und Zufahrten sind auf ein Mindestmaß zu beschränken, nach Möglichkeit barrierefrei zu gestalten und soweit es die Art der Nutzung zulässt, mit wasserdurchlässigen Belägen zu versehen (z.B. Mineralgemisch, Schotterrasen, Rasengitter).
(3) Weitestgehend unbepflanzte Kies- und Schotterschüttungen mit oder ohne Vlies-(Folienabdichtung) sind untersagt.
§ X Gestaltung von Flachdächern und Außenwänden
(1) Kiesdächer und vergleichbar geeignete Dächer sollen ab einer Gesamtfläche von 100 m² flächig und dauerhaft begrünt werden. Für Flachdächer von Garagen und von Tiefgaragenzufahrten gilt § x Abs.1 dieser Satzung. Dies gilt nicht für notwendige technische Anlagen, nutzbare Freibereiche auf den Dächern und Anlagen zur Nutzung der Sonnenenergie und des Sonnenlichts. Hier kann eine Kombination aus Energienutzung und Dachbegrünung aber sinnvoll sein. Dachbegrünungen werden gefördert (Verweis auf die entsprechende Seite).
(2) Unter besonderer Berücksichtigung der Architektur sollen geeignete, insbesondere großflächige Außenwände baulicher Anlagen, mit hochwüchsigen, ausdauernden Kletterpflanzen begrünt werden. Als geeignet gelten insbesondere Industrie- und Gewerbegebäude. Fassadenbegrünungen werden gefördert (Verweis auf die entsprechende Seite)
§ x Gestaltung von Parkplätzen, Stellplätzen und Garagen
(1) Flachdächer von Garagen und Tiefgaragenzufahrten sind zu begrünen.
(2) Die Decken der Tiefgaragen außerhalb von Gebäuden, Terrassen, Zufahrten und Zuwegungen sind mindestens 0,60 m unter das Geländeniveau abzusenken und ebenso hoch mit fachgerechtem Bodenaufbau zu überdecken.
(3) Größere Parkplätze sind so zu gestalten, dass sie sich harmonisch in die Umgebung einpassen und die Flächen durch Bäume gegliedert werden. Mit der Baugenehmigung auferlegte Baumpflanzungen, sind so durchzuführen, dass die Pflanzen einen art- und sortentypischen Habitus ausbilden können und eine ebensolche Lebenserwartung gewährleistet ist. Ausfallende Bäume sind zu ersetzen.
§ x Hangsicherungen
Für die Sicherung und das Abfangen von Geländekanten sollten in erster Linie ortstypische Lösungen zum Einsatz kommen (z.B. Trockenmauern aus Naturstein). Werden L-Steine/Winkelstützen, Gabionen oder Betonmauern verwendet, sollten diese dauerhaft begrünt werden. Optisch nicht geeignet sind "Pflanzsteine" aus Beton.
§ x Einfriedungen
(1) Einfriedungen müssen sich hinsichtlich Höhe, Baustoff und Farbe der Eigenart der näheren Umgebung anpassen. Einfriedungen entlang mäßig befahrener öffentlicher Straßen, Wege und Plätze sowie seitliche Einfriedungen der Vorgärten sind offen herzustellen. Als offen gilt eine Einfriedung, deren Geschlossen-Offen-Verhältnis in der Ansichtsfläche nicht größer als 4:1 ist. Geschlossene Bretterwände, Betonwände, Mauern, Sichtschutzzäune u. ä. sowie offene Einfriedungen, welche verkleidet oder bespannt werden, sind nicht zulässig. Dies gilt auch, wenn davor oder dahinter eine Bepflanzung vorgesehen ist. Von Einfriedungen darf keine geschlossene, wandartige Wirkung ausgehen. Ausgenommen sind nach unseren Gestaltungsanregungen gebaute Mauern aus Naturstein oder historischen Klinkern. Diese müssen vorher zur Genehmigung beantragt werden.
(2) Einfriedungen sind bis zu einer Gesamthöhe von 1,30 m einschließlich Sockel zulässig. Der Sockel darf eine Höhe von 0,20 m nicht übersteigen. Jede weitere Erhöhung durch Aufbauten (z.B. durch Blumenkästen) ist unzulässig. Abweichend von Satz 1 darf in Gewerbegebieten die Gesamthöhe von Einfriedungen 1,80 m betragen.
(3) Lebende Einfriedungen (Hecken) dürfen eine Gesamthöhe von 2m nicht überschreiten und sind möglichst unter Verwendung heimischer Gehölze auszuführen (Liste: hier) Hecken aus Kirschlorbeer, Thuja oder Scheinzypresse sind unerwüscht.
(4) Abweichend von § 2 Abs. 3 dürfen Sichtschutzzäune und Terrassentrennwände zwischen Doppelhäusern und den Gebäuden von Hausgruppen eine Höhe von 2 m und eine Tiefe von bis zu 3 m haben. Eine geschlossene Ausführung ist zulässig. Des Weiteren dürfen abweichend von § 2 Abs. 3 entlang von vielbefahrenen Straßen Lärmschutzeinfriedungen in Form von Holzzäunen sowie Gabionen bis zu einer Höhe von 2,00 m errichtet werden. Voraussetzung ist, dass ein Streifen von mindestens 0,50 m zwischen der öffentlichen Verkehrsfläche und der Einfriedung frei bleibt und dieser mit Wildem Wein, Efeu oder ähnlicher kletternder oder rankender Bepflanzung begrünt wird. Die Lärmschutzeinfriedung muss nach den Vorgaben der zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für die Ausführung von Lärmschutz-wänden an Straßen (ZTV-Lsw) ausgeführt werden. Soll te die Lärmschutzeinfriedung in den Lichtraum der Straße hineinragen oder wird die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, ins-besondere durch Sichtbehinderung beeinträchtigt, entscheidet die Gemeinde, ob, inwieweit und in welcher Höhe die Lärmschutzeinfriedung errichtet werden darf.
(5) Die Einfriedung muss die Durchlässigkeit für Kleintiere (z.B. Igel, Amphibien) im Bodenbereich durch eine Öffnung oder durch eine Bodenfreiheit von 0,15 m gewährleisten.
(6) Für die Oberfläche dürfen keine grellbunten Farben verwendet werden.
(7) Die Verwendung von Stacheldraht ist untersagt.
(8) Die Verwendung von Stahl-Stabmattenzäunen und Maschendrahtzäunen ist nur in Verbindung mit Hecken oder Kletterpflanzen („Zaunbegrünung“) erlaubt.
(9) Spiegelnde Flächen sowie Flächen aus farblosem Glas sind aus Gründen des Vogelschutzes nicht erlaubt.
(10) Die Kommune fördert den Erhalt historischer Einfriedungen aus Holz oder Metall bzw. historischer Mauern aus Naturstein oder Backstein.
§ x Abweichungen
Die Vorschriften der Landesbauordnung über Abweichungen bleiben unberührt.
§ x Inkrafttreten
Die Satzung tritt am Tage nach der Bekanntgabe in Kraft.
§ x Ordnungswidrigkeiten
Mit einer Geldbuße bis zu xx Euro kann gemäß Landesbauordnung belegt werden, wer vorsätzlich oder fahrlässig den Bestimmungen des § x zuwider handelt
Literatur
> Gestaltungssatzung Freiraum und Klima der Stadt Frankfurt am Main (Freiraumsatzung)
> Frankfurt: Freiräume und Gebäude klimaangepasst gestalten
> Gartenfibel der Stadt Bad Saulgau
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