Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.

Das System ist kein Selbstzweck

Das neue BGB sei eine glasklare Verschiebung zugunsten der Unternehmer, meinte Dr. Sebastian Schattenfroh, Justiziar des bdla, auf den Bauleitergesprächen in Bochum.
Veröffentlicht am
Dieser Artikel ist in der erschienen.
PDF herunterladen
Tjards Wendebourg
Tjards WendebourgWilm
Artikel teilen:
In der Tat: Das Verhältnis von Auftragnehmer, Auftraggeber und Auftraggebervertreter wird sich durch die neue Gesetzeslage voraussichtlich verändern. Bauunternehmen, die es darauf ankommen lassen, werden es leichter haben, ihre Wertschöpfung zu steigern, und werden diese Möglichkeiten auch schon ins Angebot einpreisen; also eventuell billiger anbieten, um später über Nachträge mehr herauszuziehen. Was das am Ende für das Ergebnis bedeutet, ist noch offen. Im Zweifelsfall wird es für den Auftraggeber teurer.
In jedem Fall wirft die BGB-Novellierung ein Schlaglicht auf ein System, das sich zu verselbstständigen droht. Die Diskrepanz zwischen Entwurf und Ergebnis wird immer größer. Die beiden Dinge waren zwar naturgemäß noch nie identisch (und das ist manchmal auch gut und notwendig). Aber der Abstand wird immer größer und könnte durch die neue Gesetzeslage weiter zunehmen.
Denn das Vergabesystem über verschiedene Formen von Ausschreibungen - einst gedacht, um Korruption und Wucher zu verhindern - hat eine Eigendynamik entwickelt, die oftmals nicht mehr zu dem Ziel führt, ein gemeinschaftlich verabredetes, optimal ausgeführtes Werk zu verwirklichen. Vielmehr haben sich in einem durch Rechte und Regelwerke definierten Biotop Spezialisten herausgebildet, die im schlechtesten Fall über Angriff und Abwehr einen Auftragsabwicklungsprozess gestalten. Das Bauwerk gerät dabei schnell mal zur Nebensache. Und auch das Ziel, dem Auftraggeber (oder bei öffentlichen Aufträgen dem Steuerzahler) einen fairen Preis zu garantieren, ist nicht mehr selbstver¬ständlich. Der BER ist da nur ein plakatives Beispiel für viele kleine Projekte, die schieflau¬fen. Dabei wäre es ungerecht, den Unterneh¬men daran die alleinige Schuld zu geben. Es ist vielmehr eine Art selbsterfüllende Prophe¬zeiung. Auch davon zeugt der Berliner Gro߬flughafen.
So wie man Revolutionen immer sarkastisch nachsagt, dass sie irgendwann im übertrage¬nen Sinn „ihre Kinder fressen“, so frisst in unse¬rem Fall das System das Ergebnis. Statt sich nämlich zu Beginn eines Bauprozesses zusam¬menzufinden und sich darüber einig zu wer¬den, dass alle am Bauprozess Beteiligten ein gemeinsames Ziel verfolgen, jeder seine Auf¬gaben hat und am Ende auch dafür adäquat entlohnt werden muss, entsteht allzu oft eine Gefechtslage, in dem alle versuchen, möglichst wenig Verantwortung übernehmen zu müs¬sen. Normen und Gesetze werden dabei nicht als Leitplanken genutzt, sondern als Waffen.
Es fängt an mit der Auftraggeberseite, die oft den Billigsten zum wirtschaftlich Günstigsten erklärt, weil jede Abweichung mit Arbeitsauf¬wand für Begründungen und Verantwor¬tungsübernahme einhergeht. Es geht weiter über Auftraggebervertreter, die Unternehmer mit Leistungen durchkommen lassen, die mit der Ausschreibung nicht viel zu tun haben. Und es endet schließlich bei Auftragnehmern, die von Beginn an wissen, dass der gebotene Preis nicht auskömmlich sein kann und nur durch Taschenspielerei oder intensive Fehler¬quellenrecherche („Claim-Management“) auf auskömmliches Niveau zu bringen ist. Wo ist da das Ei, wo ist da das Huhn?
Staat und Regelwerksgeber haben sich be¬müht, alle erdenklichen Risiken zu eliminie¬ren. Daraus hat sich ein Netzwerk aus Vor¬schriften entwickelt, die nur noch von Spezi¬alisten (ganz besonders Juristen) zu über¬schauen sind. Dem Bauprozess und der Ge¬staltungsqualität hat das nicht gut getan. Und es wäre sehr wünschenswert, wenn wir uns mal alle wieder darüber klar werden würden, was wir eigentlich wollen und wer welche Rol¬le dabei übernimmt. Sonst werden sich Pro¬zess und Ergebnis immer weiter voneinander entfernen. Und die Baukosten werden stei¬gen, ohne dass das Bauwerk dabei besser wird. Ganz im Gegenteil. In der Regel leidet es.
0 Kommentare
Was denken Sie? Artikel kommentieren

Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Schreiben Sie den ersten Kommentar.

Artikel kommentieren
Was denken Sie? Artikel kommentieren