Herrn Wielands Gespür für Identität
Als Dieter Wieland und Rüdiger Disko 1984 ihr Buch "Grün kaputt" veröffentlichten, wurde das auf dem im Jahr zuvor gezeigten, gleichnamigen BR-Film basierende Buch schnell zu einer Art Bibel einer ganzen Generation von Landschaftsarchitektinnen und Landschaftsarchitekten. Wieland, der in Berlin geborene und in Landshut aufgewachsene Dokumentarfilmer, hatte in krassen Bildern am Beispiel Niederbayerns die vermeintliche Modernisierung des ländlichen Raums gezeigt; mit ihren Folgen für Dörfer, Landschaft und Identität. Film, Buch und begleitende Ausstellung haben Tausende in ihren Bann gezogen und dazu motiviert, gegen die Zerstörung der Kulturlandschaft aktiv zu werden. Eben auch beruflich.
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Dieter Wieland ist letzten Monat 84 geworden. In einem renovierten Arbeiterhaus, umgeben von einem Naturgarten genießt er seinen Lebensabend. Am Staffelsee, in einer der schönsten Gegenden Deutschlands.
Es wird seinen Grund haben, weshalb sich der streitbare Autor sein eigenes Paradies erschaffen hat. Denn der Einsatz für die Identität des ländlichen Raums war sicherlich nicht umsonst - aber doch insgesamt wenig folgenreich; zumindest in Bezug auf das Physische. Der Flächenverbrauch ist ungebrochen und die Gestaltung der Restflächen oft skandalös. Den von Wieland angeprangerten "Rustikalkitsch" mag es so nicht mehr geben. Aber dafür andere Insignien der Gesichtslosigkeit.
Es würde längst Zeit für ein "Grün kaputt 2.0". Denn die Ausbreitung der Kies- und Schotterschüttungen ist nur ein Merkmal einer neuen Welle von strukturzerstörenden Entwicklungen. Während in der Stadtmitte Leuchtturmprojekte für Aufsehen sorgen, geht an den Rändern der Verlust von Identität ungebremst und oft unspektakulär weiter. Dauerhaftigkeit, Pflegeleichtigkeit und preiswerte Beschaffung bestimmen Materialauswahl und Gestaltung viel mehr als "der Geist des Ortes" und die Lebensqualität ihrer Bewohner. Denen ist oft selbst das Gespür für ihren Lebensraum verlorengegangen, sonst würden sie sich trotz aller Infrastruktur vor der Haustür nicht auch noch Steine dazu kippen und sich aller Traditionen entledigen.
Wenn es ein kleines Beispiel braucht, wie billige Industrieprodukte traditionelle Bauformen ersetzen und damit zur Gesichtslosigkeit von Dörfern und Siedlungen beitragen, dann ist es in der Stabmatte schnell gefunden. Der Stabmattenzaun ist dauerhaft, preiswert zu montieren und hat den Charme eines Hundezwingers. Zwar lässt er sich mit Hecken oder Kletterpflanzen kaschieren - aber meistens steht er roh da und kaum jemandem fällt auf, dass er die ehemals ortsbildprägenden Holzzäune verdrängt und damit die Ausstrahlung der Räume negativ beeinträchtigt. Erst die Vorher-nachher-Bilder zeigen den Verlust. Steinschüttungen, Stabmattenzäune, Gabionen, Low-Budget- Betonfertigfertigteile - all diese vermeintlich modernen Produkte stellen einzeln kein Problem dar. In ihrer seuchenhaften Ausbreitung und der Einseitigkeit ihrer Verwendung sind sie zusammen mit Zweckarchitektur und überbordender Auto-Infrastruktur Gift für das Ortsbild.
Es wird Zeit, dass wir uns als Landschaftsarchitektinnen und Landschaftsarchitekten wieder mehr in die Alltagsgestaltung einmischen, uns vor Ort für Gestaltungssatzungen oder Gestaltungsbeiräte einsetzen und den Kommunen unsere Kompetenz anbieten. Werden wir wieder Erben von Wielands Gespür für Identität! Denn in Orten ohne Identität fehlt auch die Kraft, die großen Probleme anzugehen. Wer sich nicht identifiziert, hat auch kaum den Antrieb, sich einzusetzen. Und diese Energie wird notwendig sein, um den Aufgabenstellungen Klimawandel, Integration und Urbanisierung Herr oder Frau zu werden.
Es wird seinen Grund haben, weshalb sich der streitbare Autor sein eigenes Paradies erschaffen hat. Denn der Einsatz für die Identität des ländlichen Raums war sicherlich nicht umsonst - aber doch insgesamt wenig folgenreich; zumindest in Bezug auf das Physische. Der Flächenverbrauch ist ungebrochen und die Gestaltung der Restflächen oft skandalös. Den von Wieland angeprangerten "Rustikalkitsch" mag es so nicht mehr geben. Aber dafür andere Insignien der Gesichtslosigkeit.
Es würde längst Zeit für ein "Grün kaputt 2.0". Denn die Ausbreitung der Kies- und Schotterschüttungen ist nur ein Merkmal einer neuen Welle von strukturzerstörenden Entwicklungen. Während in der Stadtmitte Leuchtturmprojekte für Aufsehen sorgen, geht an den Rändern der Verlust von Identität ungebremst und oft unspektakulär weiter. Dauerhaftigkeit, Pflegeleichtigkeit und preiswerte Beschaffung bestimmen Materialauswahl und Gestaltung viel mehr als "der Geist des Ortes" und die Lebensqualität ihrer Bewohner. Denen ist oft selbst das Gespür für ihren Lebensraum verlorengegangen, sonst würden sie sich trotz aller Infrastruktur vor der Haustür nicht auch noch Steine dazu kippen und sich aller Traditionen entledigen.
Wenn es ein kleines Beispiel braucht, wie billige Industrieprodukte traditionelle Bauformen ersetzen und damit zur Gesichtslosigkeit von Dörfern und Siedlungen beitragen, dann ist es in der Stabmatte schnell gefunden. Der Stabmattenzaun ist dauerhaft, preiswert zu montieren und hat den Charme eines Hundezwingers. Zwar lässt er sich mit Hecken oder Kletterpflanzen kaschieren - aber meistens steht er roh da und kaum jemandem fällt auf, dass er die ehemals ortsbildprägenden Holzzäune verdrängt und damit die Ausstrahlung der Räume negativ beeinträchtigt. Erst die Vorher-nachher-Bilder zeigen den Verlust. Steinschüttungen, Stabmattenzäune, Gabionen, Low-Budget- Betonfertigfertigteile - all diese vermeintlich modernen Produkte stellen einzeln kein Problem dar. In ihrer seuchenhaften Ausbreitung und der Einseitigkeit ihrer Verwendung sind sie zusammen mit Zweckarchitektur und überbordender Auto-Infrastruktur Gift für das Ortsbild.
Es wird Zeit, dass wir uns als Landschaftsarchitektinnen und Landschaftsarchitekten wieder mehr in die Alltagsgestaltung einmischen, uns vor Ort für Gestaltungssatzungen oder Gestaltungsbeiräte einsetzen und den Kommunen unsere Kompetenz anbieten. Werden wir wieder Erben von Wielands Gespür für Identität! Denn in Orten ohne Identität fehlt auch die Kraft, die großen Probleme anzugehen. Wer sich nicht identifiziert, hat auch kaum den Antrieb, sich einzusetzen. Und diese Energie wird notwendig sein, um den Aufgabenstellungen Klimawandel, Integration und Urbanisierung Herr oder Frau zu werden.
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