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Das Problem mit dem Luxus

In Zeiten des allgemeinen Sich-benachteiligt-Fühlens können Zahlen mehr denn je zur Gefahr für ein Projekt werden. Das haben schon viele Ratsherren und Ratsdamen erfahren müssen, deren Investitionen in den Freiraum von politischen Gegnern oder anderen Widersachern mit einer Summen-Argumentation bekämpft worden sind. Auch manche Landschaftsarchitektin, mancher Landschaftsarchitekt staunt, welch unerwartete Richtung die Debatte über den eigenen Entwurf nimmt. Nicht mehr der Inhalt steht im Vordergrund, sondern irgendein Material, irgendein Ausstattungsgegenstand wird zum Stein (manchmal im wahrsten Sinne des Wortes) des Anstoßes.
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Tjards Wendebourg
Tjards WendebourgWilm
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Sowohl auf der Auftraggeber- wie auch auf der Planerseite wird es immer wichtiger, nicht nur in Inhalten und Nutzen zu denken, sondern auch in Verpackung und Kommunikation. Ob es uns passt oder nicht – das Marketing bestimmt zunehmend die Welt. Bestimmte Interessengruppen nutzen ganz gezielt das flüchtige Wesen moderner Kommunikation, um ihren Interessen Nachschub zu verleihen. Das erleben wir in nie gekanntem Ausmaß in der Gesellschaftspolitik, wo bestimmte Gruppen Ängste identifizieren und für ihre Interessen instrumentalisieren (wir erinnern uns nur an den „Fall Lisa“, in dem der Kreml von Moskau aus ganz massiv Destabilisierung zu organisieren versucht hat). Und das ist im Kleinen nicht anders, wo Gegner eines Projekts mögliche Bedenken der Betroffenen ausmachen oder vorausahnen und daraus eine Kampagne stricken, die umso erfolgreicher ist, je näher sie an der Gefühlslage der Projektbeteiligten liegt.
Natürlich sind „Beteiligung/Partizipation“ nicht umsonst zu Zauberwörtern der Jetztzeit geworden: Je mehr Beteiligte man inhaltlich mitnehmen kann, desto weniger Angriffsfläche besteht für Kampagnen von Projektgegnern. Oft reicht es aber nicht aus, Interessierte zu beteiligen. Denn ausgewiesene Widersacher wollen sich nicht beteiligen, wenn sich dadurch die eigenen Ziele nicht durchsetzen lassen. Sie werden trotzdem auf Konfrontation setzen. Deshalb ist es wichtig, denselben Weg zu beschreiten wie der Projektgegner selbst, nur mit umgekehrtem Vorzeichen – also mögliche Bedenken vorausahnen, offensiv im Vorfeld angehen und eine entsprechende Argumentationskette aufbauen.
Dringend zu raten ist vor allen Dingen, die Kolleginnen und Kollegen der lokalen Medien zu beteiligen und besonders Zahlen sorgsam in Argumentationen einzubetten. Nichts ist schlimmer als isolierte Zahlen, die in Neiddebatten zum Hebel werden, in deren Verlauf eine gute Sache gegen die andere ausgespielt wird. Nichts ist griffiger für Lokaljournalisten als große Zahlen. Und nichts wirkt nackt erschlagender.
Wer also sein Projekt nicht nur durch den Rat und den Bauausschuss bringen will, sondern auch die Bevölkerung auf seiner Seite haben möchte, tut gut daran, mögliche Kosten in Verbindung zum Nutzen und zur Lebensdauer (Lebenszykluskosten) zu stellen. Es ist viel leichter zu verstehen, dass ein Material oder ein Ausstattungsgegenstand mehr kostet, weil es länger hält oder mehr Aufenthaltsqualität verspricht. Das verstehen Bürger sogar besser als Politiker, die in Wahlperioden und damit in Haushalten denken. Der Bürger denkt langfristig zumindest, wenn man ihn auf dem Weg mitnimmt, und zwar aufrichtig und ernsthaft mitnimmt. Denn was wir gerade als Proteste gegen alles Fremde wahrnehmen, ist nicht zuletzt ein Protest gegen das diffuse Gefühl, von „dem Staat“, den Trägern des Gesellschaftssystems, ja allen daran Beteiligten „verarscht“ – also nicht ernst genommen zu werden. Und dieses Gefühl, dem lokal im Rahmen von Partizipation entgegengewirkt werden soll, hat ausreichend Sprengkraft, um jedes Projekt zu gefährden.
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