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Schluss mit dem Schlagwortbingo

Mehr Verbindlichkeit beim Klimaschutz forderte die Präsidentin der Bundesarchitektenkammer (BAK), die Münchner Landschaftsarchitektin Andrea Gebhard, auf der hochkarätig besetzten Konferenz „Reconstructing the Future“ in Rom Anfang Juni. Da kann man ihr nur zustimmen.
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Tjards Wendebourg
Tjards WendebourgWilm
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Die Konferenz endete mit der Verabschiedung der „Charter of Rome“ (siehe QR-Code). Darin wird verlangt, dass wir endlich radikal und unverzüglich handeln und zu einer gesunden und regenerativen Wiederverflechtung menschlichen Handelns mit den natürlichen Systemen dieser Erde kommen. Gut gebrüllt. Denn wenn wir einen Spaziergang durch den Alltag der Jetztzeit unternehmen, hat man nicht das Gefühl, dass der Schuss schon überall Gehör gefunden hat. Ganz im Gegenteil. Beharrungsvermögen, Egoismus, mangelndes Bewusstsein und Bequemlichkeit sorgen dafür, dass der Tanker – aller Alarmsignale zum Trotz – nur in Zeitlupentempo wendet.

Als Ersatz gibt es einen Überbietungswettbewerb in Sachen Schlagwörter; neudeutsch Buzzwords genannt. Als könnten wir die massiven Herausforderungen mit Marketing bewältigen.

Ob sich wirklich etwas tut, können wir gleich diesen Monat mit einem Praxistest überprüfen. Wenn wir auf der Messe GaLaBau in Nürnberg über den „grün-blauen Pfad“ zu „klimafitten“ Unternehmen pilgern, werden wir einmal mehr sehen, ob die Bau- und Zulieferindustrie mehr als Schlagwortbingo zu bieten hat. „Bringen Sie Ihre Lupen mit, und fokussieren Sie auf das Kleingedruckte“, mag man den Kolleginnen und Kollegen zurufen.

Dabei ist es eigentlich ganz einfach: Wir müssen weniger verbrauchen. Wir müssen mehr wiederverwenden. Wir müssen Fläche optimal (und mehrfach) nutzen. Wir müssen weniger versiegeln. Wir müssen der Vegetation mehr Raum geben. Wir müssen unsere Energie aus erneuerbaren Quellen decken. Wir müssen das Wasser auffangen und vor Verschmutzung schützen. Und wir müssen erkennen, dass es nicht die reine Lehre geben kann, sondern Leben immer auch mit einem Verbrauch einhergeht. Denn, wer das nicht akzeptiert, verzweifelt an der Unlösbarkeit der Aufgabe. Wir wären weiter, wenn sich schon die allgemeine Erkenntnis etabliert hätte, dass wir an diesen Zielen alle (!) täglich intensiv arbeiten müssen, statt darauf zu hoffen, dass es morgen jemand tut.

Für Planerinnen und Planer ist das eine besondere Herausforderung, denn bauen bedeutet automatisch verbrauchen. In dem Korsett aus Kundenwünschen und Kosten ist es deshalb besonders schwierig, einen tragfähigen Weg zu finden, der die oben aufgeführten Punkte ausreichend berücksichtigt. Am Ende fällt immer das, was nicht sofort wehtut, weg. Am besten erkennbar ist das an der, an dieser Stelle bereits beklagten Qualitätserosion zwischen dem Entwurf und dem realisierten Werk. Grüne Dächer und Fassaden, Bäume und Staudenflächen, Regionaler Naturstein statt Beton – all das kommt in der Entwurfsbeschreibung noch vor – und ist am Ende nicht vorhanden.

Doch wenn „Klimaschutz“ mehr als ein Schlagwort sein soll, muss es endlich aufhören, dass die Nachhaltigkeits-Attribute nur für das Marketing formuliert werden. Es braucht bei jedem Projekt sinnvolle, herstellerneutrale Umweltbilanzabschätzungen (und dabei weniger Pseudogenauigkeit und mehr Nachvollziehbarkeit!) sowie Lösungen für Energiegewinnung, Regenwassernutzung, Beschattung, Kompensation und die Wiederverwendung von vorhandenen Ressourcen. Das wird auch Optik und Funktion des Werks beeinflussen. Aber das ist Teil unseres Aufgabenprofils, nicht nur Lösungen zu entwickeln, sondern auch deren Vermarktung und Argumentation fachlich zu unterfüttern.

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