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Ausgeschottert

Im Juli hat der Landtag von Baden-Württemberg eine Novellierung des Landes-naturschutzgesetzes beschlossen und der Gesetzgeber hat wortwörtlich in das Gesetz geschrieben: "Verbot von Schottergärten auf Privatgrundstücken". Der Aufstand der "alten, weißen Männer", einer in den letzten Jahren entstandenen Gruppenbezeichnung für die Summe aller fortschrittsfeindlichen Mitbürger, war programmiert. Schließlich bedeutet das Gesetz einen vermeintlichen Angriff auf die Freiheit des Einzelnen und auf das Recht, eine gleichgültige ... wie war das noch gleich, lieber WDR? ... Umweltsau sein zu dürfen.
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Tjards Wendebourg
Tjards WendebourgWilm
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Ganz ungeachtet, dass es sich hier a) wie gesagt um Privatgärten handelt und b) ohnehin seit Jahrzehnten in der Landesbauordnung festgelegt ist, dass Flächen nicht so gestaltet werden dürfen, ist das Gesetz sehr wohl der Impuls zu etwas Größerem. Nach dem erfolgreichen Volksbegehren zum Insektenschutz in Bayern und der gestarteten Unterschriftensammlung im Südwesten hatte die Landesregierung den Initiatoren dort zugesagt, auch ohne Volksbegehren etwas für den Schutz der Biodiversität zu tun. Diesem Versprechen ist sie mit der Novellierung des Landesnaturschutzgesetzes nachgekommen. Und auch in anderen Bundesländern üben Naturschützer spätestens seit dem Erfolg in Bayern Druck auf die Landespolitik aus, dem gröbsten gestalterischen Unsinn zum Wohle der Artenvielfalt einen Riegel vorzuschieben.
Was hat das nun mit dem öffentlichen Raum zu tun? Sehr viel. Die Entscheidung ist ein grundsätzlicher Appell an alle an der Gestaltung von öffentlichen Freiräumen beteiligten Gruppen und Personen, Verantwortung für Diversität und Artenschutz zu übernehmen. Das betrifft natürlich die Kommunen als nach der Landwirtschaft zweitgrößtem Flächeneigentümer der Republik, aber auch Planerinnen und Planer, die dazu aufgefordert sind, nicht nur Nutzen und Funktion dem Design überzuordnen, sondern auch die Biodiversität ganz oben auf die Agenda zu setzen. Vergessen wir nicht, dass gerade die Architektur ihre privaten und gewerb-lichen Auftraggeber oft mit dem Verweis hat im Regen stehen lassen, 10.000 DM - und nach der Euro-Umstellung 10.000 Euro - würden für die Gestaltung des Freiraums schon reichen. Der Schaffung von Abstandsflächen - mehr war für das Geld nämlich kaum drin - hat das Vorschub geleistet.
Auch im öffentlichen Raum besteht noch allzu oft eine erhebliche Diskrepanz zwischen durchdachter Architektur und vernachlässigtem Freiraum oder erheblichem Invest in das Gebäude und improvisiertem Rahmen. Das schadet nicht nur der Gesamtausstrahlung und oft der Funktion - es ist schlicht nicht mehr zeitgemäß. Wir brauchen, das macht das neue Gesetz im Südwesten deutlich, alle Räume, um all die vielen Funktionen, die in einem immer dichter besiedelten urbanen Raum vorgehalten werden müssen, zu erfüllen. Restflächen zu produzieren, die dann lieblos mit Steinschüttungen angefüllt oder "ausgezwickelt" werden, ist gestriger Unsinn und planerisches Unvermögen. Das Beste aus einer Fläche herauszuholen, heißt auch, sie komplett zu durchdenken; nicht durchzustylen, aber, wenn sie der Natur überlassen bleiben sollen, auch so zu widmen.
Sollte die öffentliche Hand trotz der drängenden Zukunftsaufgaben auf die Idee kommen, die Investitionen herunterzufahren - an einigen Sachen kommt sie nicht vorbei; dazu gehören Klimaschutz, Arten- und Naturschutz sowie die Sicherung der urbanen und ruralen Lebensqualität; alles Themen, die sich weitgehend im Freiraum abspielen. Diese Aufgaben heißt es, ernst zu nehmen; und zwar nicht in Gestalt bunter Visualisierungen im Honigbienendesign, sondern in Form funktionierender, ganzheitlich gedachter Gestaltung.
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