
Den Winden nachgeformt
Der Kirchenpauerkai im jungen Quartier Baakenhafen liegt direkt an der Elbe. Die neu gestaltete korridorartige Parkanlage hat neben ihrer ökologischen Funktion als Biotopverbund und artenreichem Lebensraum auch eine zentrale Rolle als Erholungs- und Bewegungsraum für die angrenzenden Stadtquartiere.
von Andrea Christmann erschienen am 08.10.2025Das Quartier Baakenhafen gehört zu den jüngsten Entwicklungsbereichen der HafenCity und zeichnet sich durch seine doppelte Wasserlage aus. Auf dem Baakenwerder, einer um 1870 künstlich aufgeschütteten Landzunge zwischen Baakenhafen und Elbe, ist ein durchmischtes Wohn- und Arbeitsquartier entstanden. Wie die gesamte HafenCity ist auch dieses Quartier umsäumt von befestigten Kaikanten, die aus der ehemaligen Nutzung des Hafens stammen. Heute sind alle als Promenaden am Wasser zugänglich. Sie liegen auf historischem Hafenniveau und können bei einer Sturmflut überspült werden. Die neuen Wohngebäude, Plätze und Straßen liegen circa 4 m höher und sind hochwassergeschützt.
Der erste Abschnitt des Kirchenpauerkais im Quartier Baakenhafen wurde im Sommer 2023 eingeweiht. Er ist Teil der größten und grünsten Promenade in der Hamburger HafenCity und umfasst eine Länge von 560 m und eine Breite von circa 30 m. Mit Fertigstellung des zweiten Bauabschnitts 2027 wird er sich auf rund einem Kilometer bis zur U-Bahnstation Elbbrücken im Osten erstrecken und parallel zur Uferkante der Elbe verlaufen. Als wichtiges Bindeglied verknüpft er die Stadtgebiete südlich und östlich der Elbbrücken, die westlichen Bereiche der HafenCity und die Innenstadt. Neben dem Baakenpark gehört der Kirchenpauerkai zu den größeren Freiräumen im Quartier Baakenhafen. Er vereint zahleiche Funktionen und Nutzungen: Dort befinden sich ein Fuß- und Fahrradweg, eine Joggingstrecke, zahlreiche Fahrradstellplätze, Sitzgelegenheiten sowie eine Spielfläche und drei Fitnessparcours, die sich in eine modellierte Wiesenlandschaft einfügen und an die Wohnbebauung mit den Flutschutzmauern aus dunkelroten Klinkern angrenzen.
Planen am Wasser
Der Kirchenpauerkai ist Teil des Quartiers Baakenhafen, in dem in den vergangenen Jahren ein grünes und lebendiges Wohn- und Freizeitquartier entstanden ist. Zwischen den tiefer gelegenen Kaipromaden und den durch klinkerrote Mauern höherliegenden und hochwassergeschützten Stadträumen ergibt sich eine zweifache Wasserlage bis zur Elbe. Die Uferkanten sind als Promenaden gestaltet und tragen zu einem maritimen Flair am Wasser bei. Sie befinden sich auf historischem Hafenniveau und können in der Sturmflutsaison überflutet werden, während sämtliche Gebäude, Plätze und Straßen mit etwa 4 m darüber auf hochwassergeschütztem Niveau liegen.
Im Vergleich zu anderen Kaianlagen des Hafenbeckens ist der Kirchenpauerkai mit einer Breite von 30 m zwischen Uferkante und Flutschutzwand deutlich breiter. Dadurch entstand ein kleiner korridorartiger Park mit Blick auf die Elbe und den „Kleinen Grasbrook“ gegenüber. Der langgezogene Kai ist in verschiedene Bereiche unterteilt, sie sind barrierefrei mit Rampen vom Straßenniveau zugänglich.

Der Kirchenpauerkai als Teil des Baakenhafens war einst ein wichtiger Warenumschlagsort des Hamburger Hafens. Die langgezogene Kaianlage inklusive Hafenkränen, großen Lagerhallen und eigenem Schienenanschluss wurde überwiegend mit Kohlenschuten angefahren. Mit Beginn der Containerschifffahrt in den 1960er-Jahren wurde der Hafenumschlag auf die Südseite der Elbe verlegt. Als Lagerort blieb der Kirchenpauerkai jedoch noch bis Ende der 1990er-Jahre bestehen, bis die Planungen für die HafenCity begannen. Der Kirchenpauerkai ist benannt nach Gustav Heinrich Kirchenpauer (1808–1887). Er war von 1868 bis 1880 Bürgermeister Hamburgs und setzte die Zollfreiheit der Hansestädte Hamburg und Bremen durch. Als Otto von Bismarck (1815–1898) den Eintritt der Städte in den Zollverbund des Deutschen Reichs forderte, nahm Kirchenpauer seinen Abschied.
Freiraumkonzept
Das Freiraumkonzept für den Kirchenpauerkai stammt vom Atelier Loidl aus Berlin. Das Büro erhielt 2018 für den Baakenpark den Deutschen Landschaftsarchitekturpreis; für das Freiraumkonzept des Kirchenpauerkais gab es in diesem Jahr eine Auszeichnung. Charakteristisch für das Konzept ist die Topografie der Freifläche: Es wurde den Winden an der Elbe aus südwestlicher Richtung nachgeformt. Mit Höhenunterschieden von bis zu 2 m haben die Landschaftsarchitekten entlang des Kirchenpauerkais einen landschaftlichen Übergang zu den angrenzenden Wohnquartieren geschaffen. Dieser besteht aus einer modellierten Wildblumenwiese, die an den Hochpunkten mit heimischen Bäumen und Sträuchern bepflanzt ist. Wildblumen und Gräser, im nordwestlichen Tiefland Deutschlands beheimatet, bringen die Vegetationsvielfalt der Region in die HafenCity, stärken die Biodiversität vor Ort und bieten einen wichtigen Lebensraum für Insekten. Der Kirchenpauerkai wird nicht nur als Freiraum von den Bewohnern der angrenzenden Wohnquartiere genutzt, sondern integriert sich als wichtiges Element in Hamburgs Radwegenetz mit beidseitig nutzbarem Radweg. Hier nimmt der Kirchenpauerkai den überregionalen Elberadwanderweg auf und führt über die Baakenhafenbrücke in Richtung Innenstadt. Dafür wurden die für die HafenCity typischen Fahrradständer aufgestellt.
1Bepflanzung
Die Begrünung ist abwechslungsreich und mit einheimischen Gehölzen bepflanzt: Auf den Hochpunkten der 6.765 m² großen Wiesenfläche wurden verschiedene Baumarten in Gruppen gepflanzt. Darunter befinden sich 22 ausgewachsene ein- und mehrstämmige Wald-Kiefern (Pinus sylvestris), außerdem 13 Berg-Ulmen (Ulmus glabra) und 17 Weiß-Weiden (Salix alba ‘Chermesina’), 18 Echte Silber-Weiden (Salix alba ‘Sericea’) sowie 10 im Spätsommer blühende Schnurbäume (Sophora japonica). Zudem wachsen auf der Promenade 20 Zierapfelbäume der Sorten ‘David’, ‘Berverly’ und ‘Wintergold’ sowie 17 Echte Mehlbeeren (Sorbus aria), die sich zwischen den Wohngebäuden befinden. Um die Promenade räumlich zu gliedern, wurden Wildsträucher wie Sanddorn (Hippophae rhamnoides), Purpurweide (Salix purpurea), Schwarzer Holunder (Sambucus nigra) und Hundsrose (Rosa canina) gepflanzt. Die Vegetation der Wildblumenwiese besteht aus heimischen Arten und setzt sich aus 30 % Blumen und 70 % Gräsern zusammen.
2Schwerpunkt Spiel und Sport
Parallel zur Wildblumenwiese verläuft eine Joggingstrecke. Ergänzend zum 560 m langen und 1,50 m breiten Joggingpfad wurde ein ebenso langer und 4 m breiter Radweg in den Kirchenpauerkai integriert. Entlang der Strecke befinden sich drei Fitnessparcours, die mit Geräten für Gewichtsübungen ausgestattet sind, ebenso eine 483 m² große Spielfläche, die in zwei Zonen aufgeteilt wurde.
Die Fitnessparcours – drei Calisthenics-Flächen mit Flächengrößen von 215 bis 250 m² – sind für unterschiedliche Eigengewichtsübungen ausgestattet. Zwischen den beiden Kranplätzen integrieren sich ein Stangenspiel und eine hügelige, 182 m² große Netzlandschaft zum Klettern und Balancieren. An den Kranplätzen befinden sich – thematisch angelehnt an die Namensträgerinnen der parallel und höher liegenden Quartiersplätze Lola-Rogge-Platz und Gretchen-Wohlwill-Platz – Markierungen im Boden zum Tanzen und Spielen.
Wer an den Fitnessgeräten oder während des Laufens auf der mit Kunstrasen ausgelegten Laufstrecke ins Schwitzen kommt, kann sich auf einer der verschiedenen Sitzgelegenheiten niederlassen und die 6.765 m² große Wildblumenwiese entspannt im Sitzen oder Liegen genießen.

Möblierung
Es gibt hier zahlreiche Erholungsmöglichkeiten, darunter 350 Sitzgelegenheiten. Zur Ausstattung gehört die Bankserie „Baakenhafen“, die sich aus modularen Einzelbänken zusammensetzt. Unterhalb der historischen Kräne und an weiteren markanten Stellen befinden sich große Bänke mit integrierter Liegefläche. Die großen, robusten Bänke aus rechteckigen Eichenbohlen erinnern an den rauen Hafencharakter der ehemaligen Nutzung. Die aus der Hafennutzung verbliebenen restaurierten vier Kocks- und Kampnagelkräne aus den Jahren 1959 und 1970 gelten als maritimes Erbe. Sie erinnern an die frühere Nutzung des Baakenhafens, als der Kirchenpauerkai dem Hafenumschlag diente. Vor ihrer Verankerung auf den Kranplätzen des Kais wurden sie spektakulär über den Wasserweg eingeschwommen.

Der Kirchenpauerkai erhielt beim Deutschen Landschaftsarchitektur-Preis 2025 eine Auszeichnung in der Kategorie Spiel, Sport, Bewegung.
- Auftraggeberin: HafenCity Hamburg GmbH, Hamburg
- Freiraumgestaltung: Atelier Loidl Landschaftsarchitekten Berlin
- Fläche: 23.577 m², circa 1.00 m Länge
- Lage: Quartier Baakenhafen & Elbtorquartier,Hamburg
- Bauzeit: 2021-2026; der 1. BA mit 560 m Länge und 30 m Breite wurde 5/23 fertiggestellt
- Wohneinheiten angrenzend: 3.800
- Vegetation: Vegetationsband mit Wind-Topografie; 117 Bäume, 58 Sträucher; 6.765 m² Wiesenvegetation (30% Blumen, 70 % Gräser)
- Sport-, Spiel- und Bewegungsflächen: 4.253 m²
- Promenade und Kranplätze: 4.420 m²
- Ausstattung: Fahrradstellplätze (52), Sitzgelegenheiten (350 entlang Elbkante, weitere 240 Plätze auf Bänken), Abfallbehälter (7, davon 2 Solar)
- Beleuchtung: 33 LED-Mastleuchten
- Planung: www.atelier-loidl.de
- Bauleitung: www.bbs-landscape.com
- Entwässerungsplanung: www.neumann-ing.de
- Galabau: www.wieseundsuhr.de
- Pflanzen: www.lorberg.com/de
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