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Leserbrief

Kommunen arbeiten durchaus an Schwammstadt-Lösungen

In Ausgabe 4/24 interviewten wir den Limnologen Nik Geiler zur Entsiegelung der Städte (Seite 12ff). Dem Vorwurf eines fehlenden Bewusstseins in Kommunen für die Dringlichkeit von Schwammstadt-Maßnahmen entgegnet Jochen Flenker, Fachbereichsleiter Grünflächen vom Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin.

von Jochen Flenker erschienen am 08.10.2024
Das Interview mit Nik Geiler gab Anlass für einen Leserbrief © FREIRAUM GESTALTEN 4/24
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Sehr geehrter Herr Geiler,

mit großem Interesse habe ich Ihr Interview in der letzten Magazinausgabe gelesen. Als Fachbereichsleiter Grünflächen bin ich immer an Themen wie Schwammstadt oder Klimaanpassungsmaßnahmen interessiert. Umso erstaunter war ich, dass Sie das Scheitern bisheriger Initiativen und Maßnahmen der öffentlichen Verwaltung anlasten. Diese Anschuldigungen kann ich so nicht stehen lassen und möchte im Folgenden einige Ihrer Aussagen aus meiner Sicht kommentieren.

  • Ich gebe Ihnen recht, dass bisher zu wenig Klimaanpassungsmaßnahmen im Bestand erfolgen. Von Kür würde ich allerdings nicht sprechen, denn Möglichkeiten großflächige Klimaanpassungsmaßnahmen umzusetzen hat man gegenwärtig schlichtweg nur in Neubauvorhaben. Kleinteilige Maßnahmen wie Baumscheibenvergrößerungen oder Schaffung von Muldenflächen werden überdies oftmals gar nicht wahrgenommen beziehungsweise gar nicht kommuniziert. Sie finden in vielen Kommunen bereits standardmäßig und automatisch statt. Übrigens kann der Wechsel von Asphalt zu grobem Kopfsteinpflaster bereits die Versickerung erheblich verbessern.
  • „Selbst wenn es ein Bewusstsein für die Notwendigkeit von Schwammstadt-Maßnahmen geben würde, ist immer alles wichtiger“ – Dieser Satz (veröffentlicht in FG 4/24) suggeriert, dass Verwaltungen kein Interesse haben und nur nach Gründen suchen, Klimaanpassungsmaßnahmen nicht umsetzen zu müssen. Das stimmt schlichtweg nicht. Ich kenne genügend Städte und Kommunen, die sich sehr wohl mit diesen Themen auseinandersetzen und sehr kreative Lösungen erarbeiten. Wir haben weniger ein Erkenntnisproblem als vielmehr ein Umsetzungsproblem. Aber auch bei der Beantragung von Fördermitteln ist die öffentliche Verwaltung erfolgreich. Schauen Sie sich bitte die beantragten Maßnahmen alleine des Bundesprogramms „Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel“ an.
  • Sie fordern stattdessen mehr Einsatz der Zivilgesellschaft, um Verwaltungen zu Klimaanpassung zu zwingen. Ich kann aus eigener langjähriger Erfahrung berichten, dass genau diese Forderung nicht zum Erfolg führen wird. Viel erfolgreicher ist ein gemeinsamer Austausch von Zivilgesellschaft und Verwaltung über Möglichkeiten, Chancen und Lösungen. In unserem Bezirk entstand daraus sogar ein Gestalthandbuch für Klimaanpassungen im öffentlichen Raum. Vielleicht gehen Sie mit diesen Vorschlägen nochmal auf die Stadt zu. Es bedarf keiner verbindlichen Quote, sondern braucht ein Miteinander. (vgl. Gestaltungshandbuch „Mierendorff-Insel Klimaanpassung und Nachhaltigkeit“). Unsere Form der Bürger(innen)beteiligung spielte bei der Auszeichnung von KommBio ebenfalls eine wichtige Rolle.
  • Als weiteren Verhinderungsgrund nennen Sie die Autofahrerlobby. Sie haben recht, oft genug wird die Stellplatzproblematik angeführt. Es gibt aber noch genügend andere Gründe (etwa Wohnraumaufwertung, Denkmalschutz), warum Menschen in einer Stadt Klimaanpassungen ablehnen. Auch hier hilft es in den gemeinsamen Dialog zu gehen und nach Lösungen zu suchen. Am Ende stehen immer Kompromisse und jeder muss Abstriche machen – auch bei Klimaanpassungsmaßnahmen.

Vorurteile helfen nicht weiter. Und Initiativen, die in der Schweiz funktionieren, können in Deutschland scheitern. Meine Erfahrungen aus Berlin sind sicherlich auch nicht alle auf Freiburg anwendbar. Ich kann Sie am Ende nur ermuntern, nochmal Ihre Strategie zu überdenken. Ich bin überzeugt, Zivilgesellschaft und Verwaltung sind allemal gemeinsam in der Lage eine klimagerechte Stadt zu gestalten!

Zur Person

Jochen Flenker Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin Abteilung Ordnung, Umwelt, Straßen- und Grünflächen Straßen- und Grünflächenamt Fachbereichsleiter Grünflächen

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