Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.

Reduced to the nix

Als ich neulich zur Eröffnung der Landesgartenschau Würzburg eingeladen war, überkam mich nach der ersten Inaugenscheinnahme des Geländes im neuen Stadtteil Hubland die Vorahnung, dass die Ausstellung nicht die ungeteilte Begeisterung finden würde.
Veröffentlicht am
Dieser Artikel ist in der erschienen.
PDF herunterladen
Tjards Wendebourg
Tjards WendebourgWilm
Artikel teilen:
Zwar war die Vegetation am 12. April noch nicht optimal ausgebildet, und die Gärtner streuten an den letzten offenen Flächen noch fleißig Grassamen aus, doch mit ein bisschen Transferleistung ließ sich bereits erahnen, dass das Verhältnis von Verkehrs- zu Vegetationsflächen nicht ganz optimal gelungen ist. Der warme Frühjahrstag auf den breiten Wegen gab schon mal einen ganz schönen Vorgeschmack, wie sich der Sommer im neuen Stadtteil anfühlen wird.
Sieben Tage nach der Eröffnung tauchte auf facebook dann auch schon der erste polemische Clip auf (siehe QR-Code rechts), in dem die Autorin den LaGa-Machern vorwirft, in erster Linie menschen- und naturfeindliche Architektur geschaffen zu haben. Über 4 000 Mal wurde das Video geteilt. Keine schlechte Anti-Werbung für die Veranstaltung.
Nun muss mittlerweile jeder, der im öffentlichen Bereich tätig ist, damit rechnen, in den "Sozialen Medien" von Kritikern ohne Angesicht von Person und Persönlichkeit zerrissen zu werden und, dass eine Veranstaltung, die Millionen Menschen anziehen soll, auch Gegner auf den Plan ruft, ist mehr oder weniger selbstverständlich. Das Problem ist in diesem Fall wohl eher, dass man dem Park, der mit der Verpackung einer "Landesgartenschau" daherkommt, allzu deutlich ansieht, dass er eine reine Stadtentwicklungsmaßnahme darstellt, die mit temporären Elementen aufgehübscht wurde. Ein ähnliches Konzept ist 2005 schon einmal im neuen Stadtteil München-Riem gefloppt.
Auch da hat sich später ein toller Park entwickelt, der dem Hubland langfristig ebenfalls zuzutrauen ist. Doch wenn eine Gartenschau so wirkt, als sei sie in erster Linie dafür ge¬macht, den Investoren die Immobilienver¬marktung zu erleichtern, dann ist das nicht nur eine vergebene Chance, für Landschafts¬architektur zu werben, sondern auch ein Auf¬ruf an alle Gesellschaftskritiker – und die ver¬mehren sich gerade wie Pilze nach dem war¬men Regen – „denen da oben“ die Meinung zu geigen.
Dazu trägt eben auch bei, dass sich Architek¬tur und Landschaftsarchitektur einen Wett¬streit der Reduktion zu liefern scheinen, bei dem am Ende Minimierung auf das Wesentli¬che und Unvermögen verschwimmen. Dabei droht eine Universalität des Nichts herauszu¬kommen, Anlagen, die überall auf der Welt gleich aussehen, landschaftsarchitektonische Fußgängerzonen sozusagen. Doch während die Konsummeilen wenigstens dem Bedürfnis nach kompaktem Einkaufserlebnis gerecht werden, gehen die auf Gras- und Bewegungsflächen reduzierten Freianlagen gründlich am Bedürfnis vieler Menschen vorbei.
Das will ich dem neuen Quar¬tierspark im Hubland nicht vorwer¬fen. Aber ein bisschen mehr Mut dürfte es auf Seiten von Auftragge¬bern und Planern ruhig geben. Wo ist zum Beispiel in diesem Fall die Gelegen¬heit, so stadtnah Natur zu erleben? Pflanzen scheinen in der Landschaftsarchitektur ja oh¬nehin langsam aus der Mode zu kommen. Und wo ist die mühsam über (zweifellos gro߬artige) Spielgeräte bemühte Erdgeschichte? Ein paar Krustenplatten im Brunnen und ein Ceratit zum Klettern machen noch keinen Mu¬schelkalk. Dabei wartet der felsige Unter¬grund nur darauf, erlebbar gemacht zu wer¬den.
In einer Zeit jedenfalls, in der Privatleute es für normal halten, blanken Kies und Schotter vor das Haus zu kippen, sollte die Landschaftsar¬chitektur im öffentlichen Raum andere Ant¬worten geben können, als Achsen und leere Räume zu schaffen.
Mehr zum Thema:
0 Kommentare
Was denken Sie? Artikel kommentieren

Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Schreiben Sie den ersten Kommentar.

Artikel kommentieren
Was denken Sie? Artikel kommentieren