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Schauen alleine reicht nicht

Wenn am 13. April in Berlin die Internationale Gartenschau (IGA) startet, können die meisten zufrieden sein. Die Bürger in Marzahn-Hellersdorf bekommen eine Menge Gimmicks, die den Bezirk attraktiver machen. Die Politik darf sich freuen, es doch noch geschafft zu haben, ein Großprojekt in Berlin zu stemmen. Und der IGA-Geschäftsführung kann jetzt eigentlich nur noch schlechtes Wetter den Erfolg vermiesen. Dabei fing es gar nicht gut an für die Ausstellung: Die Bürger lehnten das Tempelhofer Feld als Standort ab, die Opposition nannte das Projekt überflüssig.
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Tjards Wendebourg
Tjards WendebourgWilm
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Ganz ähnlich erging es dem Bürgermeister von Traunstein, Christian Kegel (SPD), im vergangenen Jahr: Sein Baby, die bayerische Landesgartenschau 2022, wurde mit gut 63 % der Stimmen in einem Bürgerentscheid abgelehnt; eine krachende Niederlage, wie man so schön sagt. Zwar gibt es auch hier eine Art Happy End, weil es so aussieht, als wenn die Landesgartenschau nur 25 km weiter in die Nachbarschaft umzieht. Für Traunstein und Kegel ändert das allerdings wenig.
Die Zeit schreibt immer neue Lehrstücke. Es reicht heute wenig, um Gutes zu verhindern. Mit flotten Slogans, ausreichender Skrupellosigkeit, einem festen Willen und guter Vernetzung schafft man es sogar zum Präsidentendarsteller einer Großmacht. Da geht es nicht mehr um „richtig“ oder „falsch“, sondern um „gut“ oder „böse“, „laut“ oder „leise“.
Was in der großen Politik gelingt, lässt sich auch leicht auf die lokale Ebene übertragen: Man nehme geeignete Zahlen, studiere die Stimmungslage, wähle eine klare Sprache und schon hat man eine Front aufgebaut, welche „uns“ von „den anderen“ (gerne auch „die da oben“) trennt. Hätte man beim Flugfeld Tempelhof auf intensiven Austausch gesetzt, hätte es keinen Bürgerentscheid gegeben, meint Klaus Overmeyer in unserem Interview auf Seite 16. Denn der Erfolg von Anti-Bewegungen setzt immer auch auf das Gefühl, nicht beteiligt worden zu sein und nichts von dem Gegenstand oder der Veranstaltung zu haben, gegen den sich die Bewegung richtet. Oft versteckt sich hinter einem Protest als Keim ein persönlicher Machtkampf, der dadurch an Fahrt gewinnt, dass einer der Kontrahenten Unbeteiligte instrumentalisiert, um den Widerpart zu besiegen oder eigene Interessen durchzusetzen. Diese Gefahr ist mit jeder Gartenschau gegeben und besonders mit jeder Gartenschau, bei der es den Initiatoren nicht gelingt, die Zahl (die Investition) in Beziehung zum Nutzen zu setzen und den Funken der Begeisterung zu übertragen. Im Gegensatz waren Gartenschauen in Koblenz, Schwäbisch Gmünd, Mühlacker oder Öhringen unter anderem deshalb so erfolgreich, weil begeisterte Vortänzer die Bürgerschaften mitgenommen haben – von Beginn an.
Es ist doch immer wieder erstaunlich, wie schwer sich manche Kommunen tun, erst den Stadtrat und dann die Bürgerschaft für Gartenschauen zu begeistern. Dabei gibt es kaum bessere Instrumente, benachteiligte städtische Bereiche oder vom Fortschritt abgeschnittene Städte nach vorne zu bringen. Mit der richtigen Strategie ist die kommunale Investition das beste Initial, um überregionale Aufmerksamkeit, bürgerschaftliches Engagement, privates Invest und staatliche Fördermittel für einen Aufschwung zu erhalten. Mit der richtigen Kommunikation wird aus der Zahl keine Bedrohung, sondern das, was es ist: eine Subvention für die lokale Wirtschaft und die Prosperität einer Stadt.
Wenn wir von den ganzen Manipulatoren, die derzeit die politische Agenda beherrschen, etwas lernen können, dann ist es, im Vorfeld jedes die gesamte Bürgerschaft betreffenden Projektes genau die Werte und Argumente zu bestimmen, die sich kommunizieren lassen und der Kommunikation viel breiteren Raum zu geben; in Form von Beteiligung, aber auch in Form von Marketing. Schauen alleine reicht nicht mehr, um aus einer Gartenschau (oder einem anderen Großprojekt) eine gute Gartenschau und am Ende auch eine erfolgreiche Gartenschau zu machen.
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