Es könnte alles so einfach sein
Dieter Grau und Werner Frosch sprechen uns aus der Seele. Im Interview fordern die beiden Planer von Henning Larsen (Ramboll Studio Dreiseitl ist seit Juni dieses Jahres angeschlossen), das, was wir auch immer wieder anmahnen. Schluss mit ableiten, hin zu sammeln, speichern, versickern und nutzen; weg von den gewaltigen Ingenieurbauwerken, die die Niederschläge schneller wegbringen sollen, hin zu überflutungsresistenten Parks und Siedlungen, die das Wasser nachhaltig in den Kreislauf rückführen. Die Hoheit über das Regenwasser gehört außerdem aus den Händen der Haustechniker in die Obhut von Landschaftsplanerinnen und Landschaftsarchitekten.
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Und noch etwas merken Grau und Frosch an: Europas überbordende Bürokratie erschwert jede Form unkonventioneller Lösungen. Das sei in Asien ganz anders, haben die Mitarbeiter des international agierenden Büros festgestellt. Die in Mitteleuropa verbreitete Unsitte, jedes Lebensrisiko durch Regelwerke zu eliminieren, jede Verantwortung zu delegieren, versperrt uns viele Lösungswege, die gerade im Umgang mit Wasser so wichtig wären. Die guten Beispiele kommen deswegen meist aus Fernost, besonders häufig aus China (das zugegebenermaßen nicht immer als gutes Beispiel taugt).
Denn Wasser – im Überfluss oder der Mangel daran – wird das große Thema dieses Jahrhunderts sein. Wir haben es über Jahrtausende genutzt; als Lebensmittel, als Pflanzennährstoff, als Antriebsquelle, Waschmittel oder als Transportmedium. Und doch haben wir mit der seit ehedem viel zu günstig zur Verfügung gestellten Ressource über Generationen Schindluder getrieben, haben es verschwen¬det, verdreckt oder versalzen. Es schien immer im Übermaß vorhanden, weshalb wir bis in die Jetztzeit Niederschläge dazu nutzen, die Kanalisation zu spülen und die Exkremente in die Kläranlage zu befördern. Aus dem Wasser, was noch einigermaßen sauber – so sauber, wie es die Luftverschmutzung zulässt – vom Himmel fällt, wird im Handumdrehen Abwasser. Damit muss nun Schluss sein. Auch wenn uns ein durchgeknallter Diktator gerade seine mittelalterliche Agenda aufzwingt – nach seinem Ende kommen die großen Zukunftsthemen wieder. Wasser steht dann ganz oben auf der Liste der Dringlichkeiten.
Auch im ehemals regenverwöhnten Mitteleuropa ist der Niederschlag zu wertvoll, um ihn achtlos zu entsorgen. Das hat der Sommer 2022 wieder eindrücklich bewiesen – in der BUGA-Stadt Mannheim hat es vier Monate (!) nicht geregnet.
Was wir dabei von den eingangs zitierten Planern lernen können, ist, dass zukunftsfähiges Planen Teamwork ist. Interdisziplinarität wird das Gebot der Zeit sein. Keine Profession kann die Probleme allein lösen. Es braucht die Ganzheitlichkeit, das Zusammenspiel des „particular know-how“. Das werden wir bei allen Zukunftsthemen brauchen – egal, ob es die Begrünung unserer Städte, das Aufhalten des Artensterbens, den ökologischen Anbau von Lebensmitteln oder die Gewinnung von alternativen Energien betrifft; die immer knapper werdende Fläche zwingt zu klugen Kompro¬missen und zur Beteiligung aller betroffenen Professionen. Nur so lassen sich Lösungen finden, die allen gerecht werden.
Mit diesen Gedanken im Kopf sind wir auch im September zur Messe GaLaBau nach Nürnberg gefahren – immerhin die Leitmesse für alles, was mit Freiraum zu tun hat. Wir wollten sehen, was „klimafit“ in Bezug auf Zulieferer und Produkte bedeutet, und hatten gehofft, auf einem „Grün-Blauen Pfad“ Beispiele der Nachhaltigkeit zu sammeln. Um es kurz zu sagen: Offensichtlich muss noch viel Wasser die Pegnitz runterfließen, bis das, was eigentlich selbstverständlich sein sollte, auch selbstverständlich angeboten wird. Die Diskrepanz zwischen Worthülsen und Taten, zwischen Schein und Sein ist immer noch viel zu groß, um die notwendigen Ziele zeitnah zu erreichen.
Viel zu tun also.
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