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Im Gespräch mit Rainer Sachse, HFWU

Was uns auf der avela-Tagung erwartet

„Neuland – Konzepte für die Stadtlandschaft von morgen“, so lautet das Thema der 16. avela-Fachtagung am 5. Juni in Nürtingen. Rainer Sachse, Professor für Landschaftsarchitektur an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HFWU) gibt Einblicke in die Themen.

von Heike Vossen erschienen am 22.05.2025
© Rainer Sachse, scape LA
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Zur Person
Rainer Sachse, Professor für Landschaftsarchitektur im urbanen Raum, HFWU.
Er leitet und moderiert den nächsten avela Kongress. Er gibt uns Einblicke ins Programm.
• Das diesjährige Programm der avela-Fachtagung weist ein breites Themenspektrum auf. Wo sehen Sie die Klammer für unsere Planungsdisziplin? In einer Zeit, in der sich die Entwicklungen überschlagen, ist es klar, dass wir uns als Landschaftsarchitekten zu den Herausforderungen der Zukunft neu positionieren müssen. Wir können eine zentrale Rolle bei der Entwicklung der Stadtlandschaft der Zukunft leisten. Wenn wir die aktuellen Trends jedoch verschlafen, werden Kollegen aus anderen Disziplinen die neuen Themen besetzten. Wir wollen deshalb wichtige Zukunftstrends aus der Materialentwicklung, der Mobilität und der Vegetationsplanung vorstellen und kritisch beleuchten. Jeden Tag bekommen Planer Kataloge ins Haus in denen nachhaltige Materialien und Betonersatzstoffe beworben werden. Doch was steckt dahinter? Wie sieht der Stand der Forschung zu nachhaltigen Baustoffen wirklich aus und was erwartet uns in den nächsten Jahren? Dazu wird viel philosophiert, aber es ist wenig Wissen vorhanden. Mit Prof. Dr. Sascha Peters konnten wir einen Referenten gewinnen, der diese Lücke füllen möchte. Oder ein anderes Beispiel: Elon Musk hat versprochen, bis 2026 sein selbstfahrendes Cybercab für weniger als 30.000 Dollar auf den Markt zu bringen. „We will turn parking lots into parks“, gelobte Musk bei der Vorstellung des Cybercabs. Dabei sieht man in Animationen, wie riesige Parkplätze in blühende Parks verwandelt werden. Wenn Musk recht behält, bedeutet der Wandel zur selbstfahrender Mobilität eine Revolution für die Landschaftsarchitektur – wir werden zukünftig gigantische Flächen zur Neugestaltung zur Verfügung haben. Ob das wirklich so ist, wo in Wirklichkeit die Gefahren bestehen und was wir machen müssen, um die Entwicklung positiv zu lenken, wird Prof. Jan Riel in seinen Vortrag beleuchten. Neben diesen Hintergrundthemen wollen wir zeigen, wie innovative Landschaftsarchitektur in anderen Ländern gelebt wird. Leider sind uns unsere Kollegen häufig viele Jahre voraus – wir sollten wissen, was woanders geht, um mit guten Beispielen selber für Innovation werben zu können. Erstaunlicherweise sind die Konzepte aus den Nachbarländern bei uns kaum bekannt – wir wollen den Teilnehmern die Augen öffnen und die Ideen unserer Nachbarn diskutieren. Rik de Visser wird uns zeigen, wir in den Niederladen Natur neu gebaut wird, das nennen sie „constructed nature“ Bei uns herrscht immer noch das romantische Bild der heilen Natur außerhalb der Städte und der bösen, gestalteten Landschaft im urbanen Raum. Auch wenn wir mittlerweile wissen, dass die Biodiversität in den Städten höher ist als auf dem Land, wird an diesem Paradigma festgehalten – Natur wird bei uns geschützt und nicht neu erschaffen. Das sehen die Niederländer total anders und sie generieren im Zusammenspiel von natürlichen Prozessen und Gestaltung extrem coole, nachhaltige Landschaften.
Wenn wir die aktuellen Trends jedoch verschlafen, werden Kollegen aus anderen Disziplinen die neuen Themen besetzten. Rainer Sachse, HFWU
In Frankreich hat man sich von den architektonischen Gärten des Barocks verabschiedet, überall entstehen faszinierende neue Landschaften. In Deutschland wurde über diesen Trend bislang kaum berichtet, ich bin mir sicher, dass die Teilnehmer am Kongress fasziniert davon sind, wie die Franzosen ökologischen Städtebau und Landschaftsarchitektur kreativ neu definieren und eine innovative, faszinierende Gestaltungssprache entwickeln. Kaum ein Name steht mehr für die neue französische Landschaftsarchitektur als das Pariser Büro Mutabilis - Paysage & Urbanisme. Juliette Bailly-Maître, Inhaberin von Mutabilis, wird auf dem avela-Kongress referieren. Mutablis baut riesige Pflanzenkläranlagen, die gleichzeitig Parks sind, sie beschäftigen sich mit dem Straßenraum der Zukunft ebenso wie mit innovativen Wohnkonzepten und erweitern damit das Spektrum der Landschaftsarchitektur. In Wien ist mit der Biotope City ein riesiges Wohngebiet entstanden, in dem die Gebäude vollständig begrünt wurden. Es soll eine Symbiose aus Architektur und Landschaft generiert werden. Das Ganze geht auf die Biotope-City-Strategie von Helga Fassbinder zurück. Helga Fassbinder entwickelte als Gründerin der Foundation Biotope City das Leitbild einer Stadt, die sich durch die intelligente Adaption von Mechanismen der Natur, einem smarten Zusammenspiel von Mensch und Technik sowie von Architektur, Flora und Fauna auszeichnet. Wir freuen uns sehr, dass wir Helga als Referentin gewinnen konnten und dass sie uns Ihre (gebaute) Vision der Gartenstadt des 21. Jahrhunderts vorstellt - ein faszinierendes Konzept, das auch Deutschland gut zu Gesicht stehen würde. • Welche Impulse erwarten oder erhoffen Sie sich durch den interdisziplinären Austausch und Input des Themenspektrums? Das Tolle am avela Kongress ist, dass man nicht nur zuhört, sondern auch intensiv diskutiert. Ich glaube, durch die Vielfalt der Themen und Beispiele wird sich jeder angesprochen fühlen und Impulse für sich mitnehmen. Die Innovationsfeindlichkeit in Deutschland begründet sich auf Veränderungsangst, auf der Sorge, dass neue Ansätze Probleme bereiten könnten. Wir wollen dagegen die Chancen aufzeigen und ich bin mir sicher, dass auch Ängste ausgeräumt werden können. avela eröffnet ein Forum für die Diskussion der Teilnehmer mit den Referenten und untereinander – nur so wird Veränderungsenergie generiert! • Wie ist Ihre Einschätzung: Was wird die große Herausforderung für unsere Planungsdisziplin in den nächsten Jahren werden? Und werden sich daraus auch Chancen eröffnen? Auch wenn das Thema Klima und Nachhaltigkeit zurzeit etwas aus der Mode gekommen ist, werden die Entwicklungen uns mit Sicherheit einholen. Landschaftsarchitektur kann hier tolle Lösungen anbieten. Über den Kongress zeigen wir, dass noch sehr viel mehr geht, als wir uns aktuell vorstellen können! Wenn wir es schaffen, anstelle von einzelnen punktuellen Intervention nachhaltige Stadtgestaltung zum Standard zu machen, eröffnet sich für uns ein gewaltiges Aufgabenfeld. Viele Experten sagen, dass Erhalt der Biodiversität die beherrschende Aufgabe der Zukunft sein wird – wahrscheinlich haben sie recht. Wenn wir dieses Thema groß denken, wenn wir – wie in den Niederlanden – die Trennung von Naturschutz und Landschaftsgestaltung aufheben und verloren gegangene Natur neu bauen, eröffnet sich für uns ein gigantisches Arbeitsfeld. Ich bin auch der Meinung, dass der Wandel zur autonomen Mobilität beträchtliche Chancen eröffnet. Heute nimmt der Verkehrsraum in Deutschland die Fläche von Thüringen ein, wenn wir nur einen kleinen Teil davon für unsere Profession freimachen können, sind das große Aufgaben. Außerdem ergibt sich die Chance, Stadt und Ortszentren völlig neu zu denken. • Es ist nun Ihre zweite avela-Tagung, die Sie leiten. Werden Sie auch zukünftig diese Tagungen konzipieren oder wird sich Ursula Nothhelfer, die Nachfolgerin von Sigurd Henne, einbringen? Den nächsten avela Kongress wird Ursula Nothelfer übernehmen. Es kann gut sein, dass wir uns zukünftig bei der Konzeption der Veranstaltung abwechseln. Wir haben unterschiedliche Schwerpunkte und können so die Veranstaltung lebendig halten. Vielen Dank für das Gespräch!
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