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Checkliste

Das müssen Sie über Parkour wissen

Öffentliche Freiräume müssen immer mehr Ansprüchen gerecht werden. Alleine die vielen Bewegungstrends bedeuten für kommunale Entscheiderinnen und Entscheider, bei den Angeboten Prioritäten zu setzen. Wir erklären, worauf es ankommt.

 

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Entstanden ist Parkour in der Großstadt - ganz ohne Anlagen. Die Angebote lassen sich aber auch über Parks und Geräte zur Verfügung stellen.
Entstanden ist Parkour in der Großstadt - ganz ohne Anlagen. Die Angebote lassen sich aber auch über Parks und Geräte zur Verfügung stellen.www.trace-space.com
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Was ist Parkour?
Parkour ist eine moderne Bewegungskultur mit vielen unterschiedlichen Strömungen. Allen gemein ist sicherlich die Idee von individueller und kreativer Auseinandersetzung mit dem Raum, dem Wunsch, sich durch das Messen an individuellen Grenzen und Fähigkeiten weiterzuentwickeln oder ganz einfach Spass an der Bewegung und Herausforderung zu haben. Die Ausübenden nennt man Traceure.

Potentiale von Parkour
Das zentrale im Parkourtraining ist die stetige Auseinandersetzung mit sich selbst, mit der Umgebung und den eigenen Fähigkeiten. Je nach dem, wie das Parkourtraining gestaltet wird, gibt es eine Bandbreite an Lerndimensionen, die angesprochen werden können. ParkourONE, die international führende Organisation rund um Parkourcoaching beschreibt, dass Parkour gleichzeitig sowohl physisch, kognitiv, emotional, sensorisch und sozial wirkt und setzt sich selbst Bildungsziele rund um das Thema Potentialentfaltung, Werthaltung und Gesundheitsförderung.

Ist Parkour gefährlich?
Grundsätzlich liegt es an der ausübenden Person, wie gefährlich Parkour ist. Da das Training ohne Hilfsmittel, ohne Fremdeinwirkung (wie beispielsweise im Teamsport) und Schutzkleidung funktioniert ist allen Ausübenden klar, dass Fehler unter Umständen Verletzungen nach sich ziehen können. Das Training steht konträr zum medial geförderten Image von Parkour. Man fängt auf dem Boden an und steigert sich über viele Jahre langsam und bewusst in schwerere Herausforderungen.

Parkour als generationsübergreifende Freizeitbeschäftigung
Was besonders spannend ist: Parkour hat mehr mit Rehasport als Extremsport zu tun. Die Ressourcen der ausübenden Personen spielen eine zentrale Rolle. Man schaut, wo man steht und setzt sich selbst ein Ziel. Der Weg zu diesem Ziel ist das, was im Mittelpunkt steht. Dadurch ist es egal, wie alt man ist, oder welche Fähigkeiten man hat, anfangen ist immer und überall möglich und das Steigerungspotential liegt immer im Auge des Betrachtenden.

Multiperspektive von Parkour
Wo Traceure (Parkourläuferinnen und -läufer) hangeln und schwingen, können Fitnessenthusiasten Klimmzüge machen. Wo Boulderer klettern, finden Traceure anspruchsvolle dynamische Herausforderungen. Wo klassische Parkourbewegungen an Mauern trainiert werden, finden Kids ein Abenteuerpark vor. Das sind Beispiele, die den multiperspektivischen Ansatz einer qualitativen Planung ganz gut verdeutlichen. Parkour denkt und gestaltet automatisch Generations- und Zielgruppenübergreifend.

Warum ist ein Parkourpark sinnvoll?
Nutzt Parkour nicht alles, was da ist? Eigentlich ist Parkour ja genau dadurch entstanden, dass bestehende Räume in den brutalistisch gestalteten Pariser Vororten von den Jugendlichen anders und neu interpretiert wurden - als riesiger Spielplatz und Trainingsraum. Das ist gewissermaßen immer noch die Essenz von Parkour: Inspiration durch den Raum, Interpretation der Möglichkeiten und eine Anpassung der Bewegungen auf Basis der eigenen Möglichkeiten - dafür braucht es nichts eigenes Geplantes. Als Planer kommt natürlich nun ein größeres „Aber“: Eigens für Parkour gestaltete Flächen und Räume bieten ein deutlich klareres Angebot an die Menschen, sich neugierig mit dieser Umgebung durch Bewegung auseinanderzusetzen. Sie lassen im besten Falle durch eine vielseitige Gestaltung „Begegnungsräume“ entstehen, die verschiedene Alters- und Szenegruppen zusammenkommen lassen. Sozialer Austausch wird so unmittelbar gefördert und die Parkourszene profitiert gleich mehrfach. Auch bieten diese Räume vielseitige Möglichkeiten der Bürger_innen-Beteiligung - in der Planungs- und Nutzungsphase. Die besten „Parkourparks“ sind für uns Bewegungsräume, in denen „Ownership“ einer breit gefächerten Zielgruppe entsteht.

Parkour Planung


Beratung durch Experten: Fachplaner Parkour hat kaum bis keine Regeln. Es gibt auch nur wenige wirklich standardisierte Grundbewegungen. Die meisten „Runs“, also geplante Läufe von Punkt A zu B, entstehen durch die kreative Auseinandersetzung mit der vorliegenden Umgebung. Dadurch ist es fast unmöglich, ohne eigenen Parkour-Backgrund einen sinnvollen und herausfordernden Parkourpark zu planen. Wichtig ist auch das Wissen über die lokale Szene. Was waren deren Einflüsse, wieviel Trainingserfahrung ist vorhanden und was von bevorzugte Stile im Parkourtraining?

Location (Stadtmitte versus Stadtrand): Parkourtraining findet meistens fernab von neugierigen Augen statt. Meistens sind es UnOrte, die eigentlich einen ganz anderen Zweck haben, die sehr gute Trainingsmöglichkeiten bieten. Das gesagt, ist es dennoch wichtig, dass Bewegung (wieder) ein zentraler Bestandteil unsere Gesellschaft wird und die Offenheit von Parkour gegenüber allen möglichen Bewegungsformen bietet einen sehr guten Anknüpfungspunkt. Viel zu leicht wird Parkour als „Jugendsport“ abgetan. Als Entscheider_in haben Sie die Möglichkeit, Orte in der Innenstadt für Bewegung neu zu denken.

Zielgruppenverständnis entwickeln - Wer nutzt die künftige Anlage? Als Grundlage für jede Planung sollten die, in einer Beteiligung mit potentiellen Nutzenden erarbeiteten, Ergebnisse dienen. Denken Sie dabei nicht nur an die Jugendlichen in der unmittelbaren Umgebung, sondern auch an umliegende Schulen, Vereine, Seniorenheime, Physiotherapiepraxen uvm. Die Einbindung dieser Personengruppen wird Ihnen eine umfangreich genutzte Anlage bringen. ? Eine Beteiligung ist also zwingend erforderlich.

Vorteile/Nachteile Fachplanung Parkourparks: Die Vorteile einer Fachplanung liegen vor allem in einer individuellen und auf den lokalen Bedarf abgestimmten Maßnahme. Vor der Planung liegt in dem Fall die Beratung durch den oder die Fachplaner_in. Natürlich ist eine individuelle Planung etwas aufwändiger in der Kommunikation vorab und meistens ist es nicht möglich mit einem Termin alle Themen abzuhandeln, allerdings lohnt es sich die Zeit zu investieren. Sie haben dann „Ihren“ Park und können sich sicher sein, dass es ein Einzelstück ist.

Nützliche weitere Infrastruktur: Wasserspender etc. Oft sind es die Details, die einen Parkourpark zu einer „runden Sache“ machen. Dinge wie freies WLAN, ein Wasserspender oder eine Möglichkeit den Rucksack unterzustellen, wenn es während des Trainings anfängt zu regnen sind nur einige Beispiele, die die Aufenthaltsqualität drastisch erhöhen. Auch finden die persönlichen oder geleiteten Trainings oft am Nachmittag / Abend statt, sodass eine dezente Beleuchtung ebenfalls empfehlenswert ist.

Parkour-Umsetzung


Beauftragung LA oder Planungsbüro (je nach Projekt): Für eine größere Maßnahme wie den Umbau eines ganzen Parks übernimmt in der Regel ein Landschaftsachitekturbüro. Meistens ist aber hier die Erfahrung im Bereich Trendsport/Parkour nicht sonderlich ausgeprägt, weswegen eine unterstützende Fachplanung durchaus ratsam ist. Die Beauftragung einer solchen Fachplanung sollte gemeinsam mit dem LA-Büro erfolgen und frühzeitig eingeplant werden, sodass genug finanzielle Mittel zur Verfügung stehen. Die Zusammenarbeit verläuft in der Regel reibungslos zwischen LA und Fachplaner_in, da die Schnittstellen sehr offensichtlich sind.

Materialauswahl & -vielfalt für den Parkourpark: Parkour ist nicht unbedingt ein urbaner Sport. Es geht darum, sich optimal an jede Umgebung anpassen zu können. Daher ist ein bunter Materialmix eine gute Grundlage für einen gelungenen Parkourpark. Achten Sie daher, dass die Materialwahl nicht so eintönig ist, sondern möglichst Holz, Metall, Beton, Findlinge usw. vorhanden sind.

Beton ist nicht gleich Beton und Holz nicht gleich Holz (Detail Oberflächen, Wandstärken der Metallrohre): Die Ansprüche an einen Parkourpark sind sehr hoch. Vor allem die Widerstandsfähigkeit der verbauten Komponenten ist wichtig. Es gibt zahlreiche Beispiele von abgeplatzten Mauern, verbogenen oder abgebrochenen Stangen, um nur einige Beispiele zu nennen. bedenken Sie, dass teilweise weit über 100kg Belastung auf sehr kleinem Raum herrschen, wenn Traceure von einer Stange zu einer andern springen. Ebenso ist der Grip, also die Rutschfestigkeit von Wänden, Stangen und Holz ein wichtiger Faktor in der Planung. Die falsche Wahl führt hier nicht selten zur Unbenutzbarkeit des Parks.

Parkour-Nutzung


„Hardware“ & „Software" - Wenn der Parkour gebaut ist, wie kriege ich Traffic auf die Fläche? Ein wichtiger Punkt ist die Beteiligung aller möglichen Nutzer-Gruppen im Vorfeld der Planung des Parks. Finden Sie lokale Vereine, die bereit sind nach Fertigstellung des Parks eine Art „Patenschaft“ zu übernehmen, Ihnen also mögliche Probleme, Schäden, oder ähnliches zu melden. Gleichermaßen sind diese Personen dann in der Lage, regelmäßig Angebote auf der Fläche zu kreieren und Anfängerinnen und Anfänger einen leichten Einstieg zu geben.
Tipp: Planen Sie ein wenig Budget gleich für und nach der Eröffnung für Einführungsworkshops und kleinen Kursen ein. So stellen Sie sicher, dass zahlreiche Personen den Park nutzen werden.

Interaktivität: Um die Parks auch ohne Personal besser nutzbar zu machen, helfen QR-Codes. Mit ihnen lassen sich eigens am Park erstellte Videos abgerufen, die kleine Challenges oder Hinweise enthalten. Ein positives Beispiels hierfür ist QUICR. Die am Park angebrachten Plaketten und die dazu in dem betreffenden Park gefilmten Videos von Profis bieten den „Coach für die Tasche“. So haben Sie die Möglichkeit, Nutzerinnen und Nutzer unkompliziert und niedrigschwellig Angebote bereitzustellen, das diese mittels Smartphone und QR-Code aufrufen können.

 

> Diese Checkliste basiert auf der Kompetenz von Parkour-Planer Benjamin Scheffler (www.trace-space.com)

> Lesen Sie dazu auch unser Dossier Trendsport aus FREIRAUMGESTALTER 1/2020

 

 

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