Wie umgehen mit Kies und Schotter
Baden-Württemberg hat mit dem Verbot von Kies- und Schotterschüttungen vorgelegt. Auch in den Landesbauordnungen anderer Bundesländer besteht ein Begrünungsgebot von privaten Freiflächen. Doch was bedeutet das für kommunale Entscheiderinnen und Entscheider? Soll man verbieten oder doch besser beraten? Wir geben den Städten und Gemeinden ein paar Entscheidungshilfen.
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Kommunikation ist alles: Weshalb schütten sich Menschen Steine vor die Haustür? Die meisten Bürgerinnen und Bürger wissen es nicht besser, sehen es in der Nachbarschaft und halten es für normal. Und viele unterliegen dem Trugschluss, dass Steinschüttungen pflegeleicht sind. Holen Sie das Thema auf die Agenda. Bespielen sie es im Mitteilungsblatt der Gemeinde. Stellen sie gute Beispiele und Alternativen vor. Und erklären Sie den Bürgerinnen und Bürgern, dass Steinschüttungen weder pflegeleicht sind noch wertsteigernd für die eigene Immobilie. Nutzen Sie die sachlichen Argumente gegen Steinschüttungen in Ihrer Kommunikation zu Bürgerinnen und Bürgern.
Werden Sie deutlich: „Gärten des Grauens“ klingt viel deutlicher als der euphemistische Begriff „Steingärten“. In der Kommunikation gehören auch die Gründe deutlich benannt, weshalb die Kommune keine Steinschüttungen möchte (lokale Aufheizung, Artensterben (Gärten gehören zu den letzten Rückzugsorten), Rückstrahlung, Vandalismus). Auch der Ausgleichsgedanke sollte thematisiert werden: Wer baut, muss auch ausgleichen.
Räumen Sie mit alten Ordnungsvorstellungen auf: Viele Menschen schütten sich Steine vor die Haustür, weil sie keine Zeit für Pflege haben (oder zu haben meinen) und glauben, dass Steine pflegeleicht sind. Wenn man dann berücksichtigt, dass der Druck zu pflegen , in erster Linie durch die Angst verursacht wird, bestimmten Ordnungsvorstellungen der Nachbarschaft gerecht werden zu müssen, ergibt sich ein Ansatz, Steinschüttungen zu bekämpfen. Räumen Sie in Ihrer Kommune mit der Vorstellung auf, dass Natur unordentlich ist. Unsere Ordnungsvorstellungen sind nicht mehr zeitgemäß! Durch entsprechende Bildkommunikation werden überkommene Ordnungsregeln abgebaut.
Gebote vor Verbote: Das Verbot von Kies- und Schotterschüttungen führt zur Polarisierung, da gerade die Bürgerinnen und Bürger, die sich durch Steinschüttungen von ihrer Verantwortung für die Fläche befreien wollen, die Verbote als Eingriffe in ihre Privatangelegenheiten empfinden. Konzentrieren sie sich deshalb weniger auf das Durchsetzen von Verboten als auf das Anbieten von Alternativen und das Fördern gesellschaftlicher Ächtung von Kies- und Schotterschüttungen.
Bieten Sie eine Beratung zur nachhaltigen Gestaltung an: Gerade, weil viele Häuslebauer unsicher in Gestaltungsfragen sind, macht es Sinn, Beratungsleistungen anzubieten. Das kann ein/e komunale/r Ansprechpartner/in sein oder eine von der Kommune zertifizierte Fachkraft, die die Dienstleistung freischaffend anbietet. Eine kommunale Gestaltungsfibel hilft Bauwilligen, gute Lösungen für sich zu entdecken. Mit unserem Büchlein „Der Kies muss weg“ bieten wir eine unterhaltsame Lektüre für die Beratung von Bauwilligen. Insgesamt lassen sich der Gewinn an Lebensqualität durch Pflanzen, der Wert für Erholung und Entspannung sowie der Kostenaspekt (Rückbau) thematisieren.
Lokalmedien mitnehmen: Viele Kolleginnen und Kollegen der lokalen Presse wissen es ebenfalls nicht besser. Sie können oft nicht zwischen Kies- und Schotterschüttung, mineralischer Mulchschicht und Kiesgarten differenzieren. Nehmen Sie die Tagespresse mit: Es handelt sich weder um „Steingärten“, noch um „Kiesgärten“, sondern um „Kies- oder Schotterschüttungen“ oder „Steinschüttungen“. Diese Form der Freiflächengestaltung hat mit dem Begriff „Garten“ nichts zu tun. Sorgen Sie dafür, dass Aktivitäten gegen Kies und Schotter öffentlichkeitswirksam verbreitet werden und gute Beispiele auch in die lokalen Medien gelangen.
Mit gutem Beispiel vorangehen: Schauen Sie, dass in Ihrer eigenen Kommune das Handeln schlüssig ist: Steinschüttungen, Asphalt- oder Betonsteinbeläge haben überall dort nichts verloren, wo auch offen und mit Pflanzen gestaltet werden kann. Staudenflächen – auch mineralisch gemulchte – sind oft eine attraktive und pflegeleichte Alternativen zu Kies- und Schotterflächen. Nutzen Sie öffentliche Flächen (z.B. Verkehrskreisel), um bessere Beispiele zu zeigen. Sorgen Sie auch für eine durchgehende Kommunikation über die Ämter und Abteilungen hinweg.
Legen Sie Wettbewerbe auf: Die Wahl von gestalterisch gelungenen Haus- und Vorgärten hilft, die Akzeptanz von Alternativen zu fördern. Auch hier kann die Lokalpresse wieder unterstützend wirken.
Partielle Verbote als Nadelstiche einsetzen: In Bundesländern, in denen Kies- oder Schotterschüttungen verboten sind oder werden, kommt es weniger auf die Durchsetzung der Verbote an, als auf die Signalwirkung derselben. Das Bewusstsein nimmt zu, die Schwelle, dagegen zu handeln, wird angehoben. So können Sie auch in der eigenen Kommune verfahren: Nehmen Sie sich ein Neubaugebiet vor und belegen es mit einem Begrünungsgebot bzw. Verbot der Anlage von Kies- und Schotterflächen. Erstens haben Sie so ein überschaubares Feld, wenn sie das Verbot durchsetzen wollen, zweitens steigt die Aufmerksamkeit und damit der soziale Druck, gegen das Verbot zu verstoßen. Und zu guter Letzt entsteht Bewusstsein für die Problematik.
Leiten sie Investoren durch Auflagen und Verhandlungen zu guter Gestaltung: Bauherren und -damen, die die Immobilien nicht selber nutzen oder gewerblich verwenden, wollen oft pflegeleicht und günstig im Unterhalt gestalten. Oft führt das zu Kies- und Schotterschüttungen. Bauauflagen und Gestaltungsvorgaben wirken ebenso dagegen, wie gute Kommunikation.
Gestaltungssatzung aufsetzen: Eine Gestaltungssatzung hilft, bestimmte Regeln festzuschreiben. Damit können nicht nur Kies- und Schotterschüttungen ausgeschlossen werden, sondern auch andere modische Industrieprodukte (Stabmattenzäune, Gabionen, Plastikzäune, L-Steine etc.), die das Ortsbild gefährden (siehe Checkliste ortstypische Gestaltung).
Wirken Sie auf die lokalen Gartenbaubetriebe und Gartencenter ein: Informieren Sie die Gewerbetreibenden über ihre Ziele und machen Sie diese zu Partnern. Es wirkt kaum etwas kontraproduktiver, als wenn vermeintliche Fachbetriebe Gestaltungslösungen anbieten, die den Landesbauordnungen oder örtlichen Gestaltungssatzungen zuwiderlaufen.
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