Erfolgsrezept hybrider Sportpark
Der Sportpark Styrum integriert sein dichtes Sportangebot in eine gefällige Parkstruktur - eingebettet in dichte städtische Strukturen. Eine Vielzahl von Akteuren tragen das innovative Raumkonzept, das tradierte Grenzen sprengt.
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Als amerikanische Studierende der Landschaftsarchitektur zu Besuch waren, lockte der Besuch im Sportpark Styrum sie zunächst gar nicht. Das würden sie von zuhause kennen: verschiedene Sportangebote auf einem Gelände. In Mülheim-Styrum waren die jungen Landschaftsarchitekten aus USA dann doch überrascht. Der Sportpark ist anders. Er ist eingebettet in dichte städtische Strukturen umrahmt von ruhrgebietstypischer Szenerie mit Autobahn und Parkplatz, Wohnhäusern, Schulen und Kitas. Zugleich ist das neugestaltete Areal des Sportpark gesäumt von Bäumen und Grünflächen. In letztere ragen die Angebote des Sportparks sogar hinein und verzahnen Sport und Park.
Idee war in Styrum entwurfsleitend:
„Früher lagen hier Freiräume, Schulen und Turnhallen nebeneinander ohne jegliche Verbindung. Das wollten wir ändern“, erinnert sich Klaus Tenhofen vom Planungsbüro DTP, das den Sportpark gestaltete. „Der Sportpark sollte verschiedene Bereiche zusammenbinden und Synergien im Quartier kreieren“, erläutert der Landschaftsarchitekt das Konzept.
Widerstand gab das Initial
Die Anfänge des innovativen Sportparks in Mülheim gehen auf Protest zurück. Als ein alter Fussballplatz nicht saniert, sondern mit Wohnungen überbaut werden sollte, regte sich Widerstand. Weder die Anwohner noch die Sporttreibenden, die in benachbarten Vereinen und Turnhallen aktiv waren, wollten weichen. In einem langen und konstruktiven Beteiligungsprozess wuchs unter Federführung des Mülheimer SportService das Konzept für den Sportpark Styrum.
Seit Sommer 2022 ist er geöffnet, seitdem pulsiert das Leben dort. Ob Familien mit ihren Kindern am Wochenende ihre Freizeit dort verbringen, ob Lehrer wochentags den Unterricht kurzerhand nach draußen verlegen oder Trainierende im Team oder Einzelne aktiv werden: Unter dem Motto „spielen, bewegen, trainieren“ lockt der neue Sportpark viele an und bietet einen niedrigschwelligen Zugang zu Sport, Bewegung und Freizeitgestaltung.
Sportpark mit Mehrwert
Im Zentrum des Sportpark Styrum liegt eine wettergeschützte Freilufthalle. Sie bietet Freunden von Fußball, Volleyball oder Badminton genauso Raum wie Festen und Veranstaltungen. Ein großer Dachüberstand schafft einen zusätzlichen und vielseitig nutzbaren Bereich direkt nebenan. Der ist ideal für Sportkurse, aber auch für individuell Trainierende, die die festinstallierten Outdoor-Fitness- und Calisthenics-Geräte nutzen. Auf der Längsseite der Halle wartet eine Torwand, die das kompetitive Miteinander durch digitale Technik noch reizvoller macht.
Mit ähnlicher Dichte an Angeboten geht es weiter. Südlich der Freilufthalle liegt ein Feld für Streetball, eine wellenförmige Bahn für Rollerfahrer oder Läufer, eine Weitsprung-Anlage und der Start für 100- und 500-m-Laufbahnen. Sie zieht ihre Schleifen vom Zentrum des Parks, durch den angrenzenden Park bis ins Quartier hinein.
Östlich der großen Halle liegen eine Parkour-Anlage, ein Platz zum Kugelstoßen, Felder für Beachvolleyball und ein Boulderfelsen. Letztere sind räumlich und funktional eng miteinander verzahnt. So dient der Sand der Beachvolleyball-Felder als Fallschutz für die Kletterer der Boulderwand und die Rückseite der Boulderwand wiederum ist ein Element der Parkour-Anlage.
Angebotsdichte nimmt zu den Rändern ab
Zu den Rändern des Sportparks Styrum nimmt die Dichte an Angeboten ab, jedoch keinesfalls der Nervenkitzel. Denn inmitten einer Wiesenfläche liegt ein Ninja-Run und im Schatten der benachbarten Bäume warten Slacklines und Bahnen für Boule. In dieser „Sportlandschaft“, wie DTP diesen Bereich nennt, wird auch das Regenwasser gesammelt und blühen artenreiche Wiesen.
All das trägt zu eine angenehmen Kleinklima, zur Stärkung der Biodiversität und zur Aufenthaltsqualität bei. Letztere profitiert auch von den in hellem gelb strahlenden Picknicktischen und Sonnenschirmen, die insbesondere diejenigen erfreut, die dem sportlichen Treiben nur zuschauen wollen.
Gelb als Leitfarbe
Die Farbe Gelb durchzieht den gesamten Sportpark. Nicht nur die Tische und Stühle, auch die festinstallierten Pfosten und Rahmen aller Sportgeräte strahlen in dieser Farbe. Gelb sind auch die Markierungen auf den Böden im Park; sei es als Leitlinie für die Laufbahn, als Abgrenzung für ein Spielfeld oder nur als einladende Geste an den Eingängen des Parks. Zudem spiegelt sich der Farbton in den Sandflächen wider und wird mit Grautönen von EPDM-, Asphalt und gepflasterten Oberflächen kontrastiert.
Der strahlende, die Identität des Sportparks prägende Farbton macht auch auf den neuen Spielplätzen und im Multisportfeld zwischen Kita und Schule deutlich, dass sie dazugehören.
Viele Akteure unterstützen Konzept
Der Sportpark Styrum ist mitnichten nur der Ersatz für einen maroden Fußballplatz, noch allein ein Ort für Sport. Getragen wird das innovative Konzept des Sportparks von den Vertretern der ortsansässigen Schulen und der Kita genauso wie von verschiedenen Akteuren aus der Stadtverwaltung. Auch die Spende eines lokalen Unternehmens spielt in Styrum eine Rolle. Sie hat den Bau der Freilufthalle ermöglicht, deren Photovoltaik wiederum Einnahmen generiert. Diese helfen, eine Betreuungsperson vor Ort zu finanzieren. So haben viele Akteure zur Entstehung des Parks beigetragen und machen dessen Betrieb möglich.
Neue Rahmenbedingungen fordern neue Lösungen
Damit ist der Sportpark Styrum eine vorbildliche Antwort auf häufig auftretende Fragen und Herausforderungen rund um alte Sportanlagen. Oft sind sie sanierungsbedürftig oder kreieren hohe Energiekosten, die von Vereinen kaum zu stemmen sind. Dazu haben sich die Rahmenbedingungen für Sport verändert: Es gibt viele neue Trendsportarten, Vereine verlieren Mitglieder und viele Menschen gehen ihren sportlichen Aktivitäten individuell und spontan vor ihrer Haustür nach.
All diese Veränderungen verlangen nach neuen Ideen für Sport in der Stadt, erklärt der Landschaftsarchitekt Friedhelm Terfrüchte vom BDLA: „Wir müssen neu über Sportanlagen nachdenken. Wir brauchen multifunktionale und flexible Konzepte, die sowohl dem Sport dienen als auch Beiträge zur Stadtentwicklung leisten und von vielen verschiedenen Akteuren getragen werden.“
Innovativer Ansatz bereichert das Quartier
Ein solch innovativer Ansatz ist in Mülheim-Styrum zu besichtigen. Hier hat der Blick auf Freiflächen über tradierte Abgrenzungen hinweg und die Suche nach Synergien und Kooperation verschiedener Institutionen und Akteure etwas Neues ermöglicht: die Entstehung und den Betrieb eines multifunktionalen Freiraums. Und der ist mitnichten nur ein Ort für Sport und Bewegung, sondern eine Bereicherung für das gesamte Quartier. Denn er leistet wichtige Beiträge zu Integration, Bildung, Betreuung und Gesundheitsvorsorge vieler Menschen.
Kasten Projekt
- Sportpark Styrum
- Ort: Mühlheim an der Ruhr
- Bauherr: Stadt Mülheim an der Ruhr / Mülheimer SportService
- Planung: DTP Landschaftsarchitekten GmbH, Essen
- Bauzeit: 2019-2022
- Baukosten: ~2,75 Mio. €, davon Sportplatzoberflächen ~136.000 €, Parkour und Boulderwannd ~233.000 €, Spielplatz Schule ~132.000 €, Beleuchtung ~137.000 €
Kasten Beteiligte
- Landschaftsarchitektur: www.dtp-essen.de
- Vorbereitende Arbeiten: www.tiefbau-kuechler.de
- Bau der Freilufthalle: www.mcarena.de (Sponsoring Fam. Tengelmann)
- 1. BA GaLaBau: www.stadtgruen.ruhr
- 2. BA GaLaBau: www.boymann.de
- Lichtplanung: www.r-c-d.net
- Planung Parkour und Boulderwand: www.proelan.net
- Bau Parkour und Boulderwand: www.x-move.net
- Kunststoffböden: www.polytan.de
Kasten Hersteller
Betonwerksteine, Mauerscheiben: www.goedde-beton.de
Entwässerungsrinnen: www.birco.de
Rigolenfüllkörper www.fraenkische.com/de
Lastverteilende Kunststoffgitter (Baumschutz): www.huebner-lee.de
Wurzelbelüftung, -bewässerung: www.greenleaf.de
Wurzelsperre HDPE: www.gefafabritz.de
Baumsubstrat Hydralit: www.tegra.de
Möblierung „April”: www.vestre.com/de
Abfallbehälter „Athen“, Absperrpoller „Holstein“: www.hahne-lueckel.de
Sonnenschirme „Four Seasons”: www.nola.se/de
Calisthenics Anlage: www.eiden-wagner.de
Ninja Run und Spielgeräte „Serpentes“: www.playparc.de
Wippgerät „Molekül“: www.linie-m.de
Beleuchtung „Streetlight“: www.siteco.de
Saatgut Blumenwiesen: www.rieger-hofmann.de
Gehölze: www.boymann.de
Der Beitrag erschien im Magazin FREIRAUM GESTALTEN 4/2023
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