Aufruf "Sofortprogramm Wohnungsbau"
Mit dem gemeinsamen Aufruf "Wohnungsbau jetzt – sozial und zukunftsfähig" wenden sich die Architektenkammer Baden-Württemberg und IBA’27 an die Landesregierung. Denn es bestehe akuter Handlungsbedarf, heißt es dort.
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Das Positionspapier wurde vom AKBW-Vorstand einstimmig verabschiedet. Es bestehe akuter Handlungsbedarf, heißt es dort. Obwohl die mehr als 450 Mio € aus der sozialen Wohnraumförderung bereits im Mai komplett vom Markt abgerufen wurden, würden zahlreiche Projekte storniert. Investoren sprängen ab, weil sich durch steigende Zinsen, Inflation und teils massive Baukostensteigerungen Quersubventionierungen über verkäufliche Wohneinheiten nicht mehr rechneten. Dieser faktische Stopp im sozialen Wohnungsbau bedrohe den sozialen Frieden im Land.
Ein Auszug aus dem Positionspapier lesen Sie hier - die Langfassung finden Sie auf der Webseite der Architektenkammer Baden-Württemberg (externer Link).
Wohnraummangel spaltet die Gesellschaft!
Der Wohnungsmangel war bereits vor den Krisen eklatant. Die Prognos Studie von 2017 zeigte für Baden-Württemberg, dass die jährlichen Wohnungsfertigstellungen auf mindestens 54.000 Wohneinheiten gesteigert werden müssten, damit die Wohnungslücke nicht von 88.000 Wohnungen im Jahr 2015 auf über 200.000 Wohnungen steigt. Stattdessen sanken die Fertigstellungen seit 2020 stetig. Für 2023 wird ein Rückgang von 25 % erwartet. Gerade der preissensible Wohnungsbau kommt nahezu zum Stillstand.
Die gesellschaftliche Relevanz des Wohnungsbaus ist enorm. Bereits 2021 waren jede sechste Familie und jede dritte Alleinerziehende mit Wohnraum unterversorgt. Diese Entwicklung verschärft sich zulasten unterer Einkommensschichten weiter. Schon heute sind mehr als 10% der Bevölkerung in Wohnungen untergebracht, die nach Standards der Vereinten Nationen als unzureichend definiert sind. Zwischenzeitlich hat sich die Konkurrenzsituation auf dem Wohnungsmarkt weiter verschärft.
Ursachen: hohe Anforderungen, hohe Kosten, hohe Zinsen
Über die gesamte Wertschöpfungskette sind die Kosten von Bauprojekten massiv gestiegen. Kostensteigerungen konnten in Zeiten günstiger Kredite ausgeglichen werden. Durch die gestiegenen Zinsen ist dies nicht mehr möglich. Aufgrund der Kombination aus hohen Anforderungen, hohen Kosten und hohen Zinsen sind viele Projekte nicht refinanzierbar und insgesamt unwirtschaftlich. Dies betrifft die klassische Projektentwicklung in ähnlichem Maße wie die gemeinwohlorientierte Wohnungswirtschaft.
Förderinstrumente und Innovationsprogramme zu wenig wirksam
Die Förderinstrumente von Bund und Land sollten die Mehrkosten durch gestiegene Anforderungen an Gebäude dämpfen. Dies funktionierte selbst unter günstigsten Marktbedingungen nur bedingt. Im aktuellen Zinsumfeld und der aktuellen Lieferkettensituation sind die Instrumente weitestgehend unwirksam – trotz Baupreisindexierung der Wohnraumförderung in Baden-Württemberg. Zusätzliche Anforderungen gegenüber den gesetzlichen Standards erschweren den Zugang zu den Fördermitteln signifikant. Daher werden Projekte, die kurz vor der Realisierung stehen, in beinahe letzter Sekunde gestoppt.
Angepasster Rettungsschirm erforderlich
Der Einbruch im Wohnungsbau geht vor allem zu Lasten der schwachen Marktteilnehmer. Zur Entschärfung des Wohnungsmangels und somit zur Entspannung der sozialen Folgen ist eine Doppelstrategie notwendig:
- Erstens muss kurzfristig und zeitlich begrenzt ein Rettungsschirm gespannt werden, der dem Bau bezahlbarer Wohnungen durch die Talsohle hilft. Es braucht einen Impuls, um Projekte, die kurz vor der Realisierung stehen, über die Wirtschaftlichkeitsschwelle zu heben.
- Zweitens unterbreiten die Architektenkammer Baden-Württemberg und die Internationale Bauausstellung Region Stuttgart 2027 (IBA ’27) einen Diskussionsvorschlag, wie die Wohnungsbauförderung mittelfristig zukunftsfest ausgestaltet werden könnte, um stark aus der Talsohle hervorzugehen: ein baden-württembergisches Modell für ein Förderschema „Zukunft Wohnen“. Dieses könnte sich zu einem Lösungsimpuls für ein bundesweites Problem entwickeln.
Doppelstrategie – ein Lösungsimpuls aus Baden-Württemberg
1. Kurzfristig zielgenau fördern! Ein Rettungsschirm für Wohnungsbau mit bezahlbaren Mieten für kurz vor der Realisierung stehende Projekte hilft dem Wohnungsmarkt durch die Talsohle. Die bereitstehenden Mittel von Bund und Land müssen möglichst große und kurzfristige Wirkung erzielen. Jeder geförderte Euro muss unmittelbar die Mietpreise senken. Hierfür schlagen wir eine zeitlich begrenzte Erhöhung des Subventionswerts vor.
Rettungsschirm für Projekte spannen, die kurzfristig verfügbar sind
Kurzfristig realisierbar sind Projekte, deren Grundstück bereits im Eigentum des Projektträgers oder der Kommune sind und eine konkrete Realisierungsperspektive, abgestuft nach Projektumfang haben. Zum Beispiel:
< 50 WE Baugenehmigung vorhanden, oder spätestens bis Mitte 2024
> 50 WE - < 100 WE Baugenehmigung vorhanden, oder spätestens bis Ende 2024
> 100 WE Baugenehmigung vorhanden, oder spätestens bis Mitte 2025
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