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Vier Fragen an Stephan Lenzen

„Wir sind die Berufe, die Klima planen“

Stephan Lenzen steht als Landschaftsarchitekt und Vizepräsident des bdla Bund Deutscher Landschaftsarchitekten mitten in der Branche. Seine Einschätzung zum Pandemiejahr 2020 und die sich ergebende Weichenstellung für die Zukunft lesen Sie hier ebenso, wie seine Strategie gegen den Fachkräftemangel und die Chancen der neuen HOAI.

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            bdla-Vizepräsident Stephan Lenzen leitet RMP Stephan Lenzen, ein Planungsbüro mit mittlerweile fünf Standorten
bdla-Vizepräsident Stephan Lenzen leitet RMP Stephan Lenzen, ein Planungsbüro mit mittlerweile fünf Standorten Tjards Wendebourg
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  1. Herr Lenzen, ein Rückblick auf 2020: Die Pandemie beeinflusste auch den Planeralltag und hat Gewohntes in Frage gestellt. Wie hat sich das auf die Branche und auch auf Ihr Unternehmen ausgewirkt?

Wirtschaftlich hatten die Büros keine Beeinträchtigung; für unser Büro war 2020 das Beste seit 20 Jahren. Das nimmt auch kein Ende, da der Freiraum einen immer höheren Stellenwert bekommt. Die Pandemie hat das verstärkt. Gärten und öffentliche Parks haben an Stellenwert zugenommen. Das zeigt sich an den Auftragsbüchern, die für die nächsten ein bis zwei Jahre gut gefüllt sind. Ähnlich geht es dem GaLaBau.

Was sich aber geändert hat, ist die Kommunikation mit dem Auftraggeber: Man muss nicht mehr für jedes Gespräch vor Ort sein. Das werden wir auch nach der Pandemie in gewisser Form beibehalten, es wird aber den direkten Kontakt nicht ersetzen.

Preisgerichte haben hingegen an Qualität verloren! Selbst wenn sie physisch vor Ort waren, verhinderte die räumliche Distanz tiefere Diskussionen. Und digitale Diskussionen waren wenig zielführend, da sie nicht spontan verlaufen. Das Verharren auf Positionen wird digital eher beibehalten, die Kompromissbereitschaft ist geringer. Man verbleibt bei den ersten Eindrücken. Daher ist das Digitale kein gutes Instrument für Preisgerichte!

Wie sind die Erfahrungen aus dem Büroalltag?

In unserem Büroalltag gab es keine gravierenden Änderungen: Bedingt durch die fünf Standorte liefen unsere Bürobesprechungen schon vorher über Videokonferenz – das haben wir jetzt perfektioniert. Wir waren aber auch nie komplett im Homeoffice, 30 bis 40 % sind immer da. Das Büro wurde nie „runtergefahren“, was für den sozialen Aspekt wichtig ist. Die Mitarbeiter haben aber mehr gearbeitet und weniger Urlaub genommen – das bringt uns mehr Überträge auf das Jahr 2021.

Was sich aber ändern wird: Das Homeoffice wird teils bleiben. Nur ist für die Teamarbeit zwingend, dass man sich auch physisch trifft.

  1. Die Pandemiebewältigung kosten Bund und Länder viel Geld – entsprechend klamm wird der Auftraggeber öffentliche Hand in den nächsten Jahren sein. Wird am Freiraum zukünftig gespart und Projekt auf Eis gelegt werden?

Wir diskutieren das unter Kollegen zwar, aber konkrete Anzeichen sehe ich keine. Zumindest nicht im Freiraum. Im Hochbau hingegen entfallen jetzt bereits schon Projekte und es wird gravierende Einschnitte geben.

Ich bin eher der Meinung, dass die Landschaftsarchitektur gebraucht wird, selbst wenn Mittel reduziert werden. Denn die Grünflächenämter werden immer stärker dezimiert, entsprechend fehlt es an Fachkräften. Eine vernünftige Projektvorbereitung wird immer schwieriger, da es an Personal fehlt – da ist auf Planungs- und Ausführungsebene genauso. Der Fachkräftemangel ist bereits angekommen. Anfangs dachte ich, das liegt an mir selber oder an den Standorten. Vor fünf, sechs Jahren gab es auf eine Stellenausschreibung noch 20 Bewerbungen, heute vielleicht noch eine! Das Problem hat die gesamte Branche, daher braucht unser Berufsstand unterstützenden Maßnahmen der Politik. Sie muss uns stärken, denn wir sind die Berufe, die Klima planen!

Ohne die Fachkräfte die aus dem Ausland nach Deutschland gekommen sind, hätten wir schon seit Jahren ein Problem. Die außereuropäischen Fachkräfte in unserem Büro haben oft ein Erststudium im Ausland und ein Zweitstudium in Deutschland. Die europäischen Fachkräfte kommen meist aus Südeuropa, weil sie in ihrem Land keine Chance auf einen Berufseinstieg haben. Oft passt die Qualifikation nicht perfekt, dann fängt man als Unternehmen an, selbst zum Ausbilder zu werden, das kostet natürlich Zeit. Eine Alternative sehe ich aber aktuell nicht.

  1. Seit 1. Januar ist die neue Honorarordnung in Kraft getreten, Mindest- und Höchstsätze sind nicht mehr verbindlich. Wird es nun schwieriger, ein angemessenes Honorar einzufordern?

Für mich ist das Fazit aus dem Urteil keine Überraschung. Die Honorartafeln sind jetzt nur noch Orientierungshilfe, das wird dazu führen, dass wir unsere Projekte kalkulieren müssen. Generell wird die Branche stärker über den Preis agieren. Ein Preiskampf ist durchaus zu erwarten. Denn dieser ist oft ausschlaggebend, zum Beispiel bei nachgeordnete VGV-Verfahren. Das gibt der Entwicklung Nachschub zu größeren Büros und erschwert die Neugründung. Gleichzeitig erlebe ich, dass die junge Generation nicht mehr so an einer Selbständigkeit interessiert ist, wie das zum Beispiel zu Beginn meiner Selbständigkeit war.

  1. Sie haben kürzlich den Wettbewerb für die BUGA Rostock gewonnen. Sie scheinen ein Erfolgsrezept auf Gartenschauen zu haben … Worauf freuen Sie sich bei dieser Planeraufgabe besonders?

Ja, wir mögen große Projekte! Und weil wir die mögen, geben wir uns besondere Mühe bei der Bearbeitung. Vielleicht rührt daher der große Erfolg. Das Rostocker Gartenschauareal weist eine besondere Lage auf. Vergleichbar mit Koblenz, liegt es im Herzen der Stadt. Es gibt zwar diesmal keine Seilbahn, aber eine neue Brücke*, die ein neues Territorium erschließt. Das ergibt die Gelegenheit, der Stadt einen Park zu schenken. Gartenschauen mit städtebaulichem Veränderungspotential sind immer mit hohem Wirkungsgrad, das macht sie so spannend.

* Die 600 m lange Brücke über den Unterwarnow wird den Rostocker Stadthafen mit dem gegenüberliegenden Ufer verbinden (Anmerkung der Redaktion). 

Wir danken für das Interview!

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