Ein Hauch von Wupper
Obwohl der Fluss im Stadtnamen benannt, ist er doch wenig präsent. Meist verweist nur die über ihm hängende Schwebebahn auf den Lauf. Der neue Uferplatz von scape Landschaftsarchitekten holt einen Hauch der Flusslandschaft zurück.
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Die Stadt Wuppertal ist, wie ihr Name beschreibt, sehr von Topografie geprägt. Ansteigende Hänge begleiten das lange Tal, durch dessen Mitte die Wupper fließt. Früher war sie die Lebensader und damit der Ausgangspunkt für die Entwicklung der Stadt. Heute spielt das Gewässer kaum noch eine Rolle. An den meisten Stellen ist es kaum zu sehen, es sei denn man blickt aus der Schwebebahn hinab, die auf langen Strecken oberhalb des Flussbetts verläuft. Im Laufe der Jahre gab es immer wieder Versuche, die Stadt an den Fluss zu zurückbringen. Das Projekt Campus Walk von DTP Landschaftsarchitekten ist einer davon. Es ist ein multifunktionaler, öffentlich zugänglicher Freiraum, der im 90-Grad-Winkel zur Talachse liegt und wie ein Catwalk zur Wupper führt. Eine neue Querverbindung ist im Rahmen des Bahnhofumbaus am Döppersberg entstanden. Am Rande dieses steinernen Gefüges überrascht neuerdings ein grüner Stadtplatz, neugestaltet von scape Landschaftsarchitekten aus Düsseldorf.
Grünoase inmitten von Stein
Nach jahrelanger Planung ist das Großprojekt Döppersberg nun realisiert und mit ihm ein zentrales Stück von Wuppertal-Elberfeld verändert. Heute führt eine breite, von Einzelhandel flankierte Brücke vom Bahnhof in die City. Dabei ragt sie über die vielbefahrene Bundesstraße 7, taucht unter den Gleisen der Schwebebahn durch und quert die Wupper. Wer genau an dieser Stelle innehält, wer sich über einen frischen Luftzug und raschelnde Blätter wundert, der entdeckt den neuen Platz an der Wupper. Wie eine kleine grüne Oase inmitten von Stadt und Stein, dort wo Architektur, Asphalt und Handel die Atmosphäre prägen, liegt der neugestaltete Stadtplatz. Seine üppige Begrünung und die Sprache seiner Gestaltung erinnern daran, dass hier früher Wasser, Geröll und Grün dominierten. Wer am Rand des Platzes an das Geländer herantritt, kann auch die Wupper sehen: eine Rarität inmitten der Stadt. Der Flusslauf liegt zwar ein paar Meter unter dem Niveau des Platzes, aber den Landschaftsarchitekten war an seiner Erlebbarkeit gelegen.
Hybrider Platz
Die Idee, ein Stück Flusslandschaft in die Stadt zurückzuholen, leitete die Entwurfsarbeit der Landschaftsarchitekten vom Büro scape in Düsseldorf. Sie wählten für den „hybriden Platz, eine Mischung aus Uferpark und Platz am Wasser“, wie sie den Freiraum beschreiben, Formen, Farben und Oberflächen, die an Gewässer erinnern. So erinnert die Oberfläche des Platzes bereits an eine Flusslandschaft. Ihr sandfarbener Einstreuasphalt ist von weißen, geschwungenen Streifen durchzogen, die wie Wellen durch den Freiraum fließen. „Obwohl das Material aus dem Autobahnbau kommt, ist es derzeit in aller Munde. Die Möglichkeit damit zu modellieren, lockt viele Freiraumgestalter“, berichtet die Landschaftsarchitektin Hiltrud Lintel von scape. „Bereits beim Bau waren jedoch viele Absprachen und Abstimmungen notwendig, die vor Ort herausfordernd waren“, fährt sie fort. Im Gebrauch erweist sich seine helle Oberfläche bei intensiver Nutzung zudem als schmutzempfindlich und der Platz bedarf häufiger Reinigungen.
Bepflanzung und Stadtmobiliar
In heller Farbe strahlen auch Baum- und Pflanzinseln. Ihren Rahmen aus mittelgrauem Granit muten wie weichgeschliffene Kiesel an. In den Inseln wachsen mehrstämmige, klimaresistente Zelkoven, die von Stauden und Rasen umgeben sind. Zwei der Inseln leben von alten Platanen, die viel Natur in die Stadt bringen. Sie prägen den Platz an der Wupper an seinem östlichen Eingang, wo ihr Blattwerk dem Rauschen des angrenzenden Straßenlärms entgegenschallt. Wenn die Sonne die Stadt aufheizt, schafft der Schatten der Bäume auf den sie umgebenen Umrandungen begehrte Sitzmöglichkeiten. Mit ihren weichen, amorphen Formen und ihrer skulpturalen Anmutung sind die steinernen Einfassungen regelrechte Werke der Steinmetzkunst, erklärt Lintel. „Obwohl wir 3D-Vorlagen erstellt hatten, war die Realisierung in hartem Granit künstlerisch, handwerklich und technisch durchaus herausfordernd“, erinnert sie sich. Neben den Rändern der Pflanzinseln laden hölzerne Oberflächen auf bis zu sechs Meter langen, geschwungenen Bänke, zum Teil mit Rückenlehnen, zum Sitzen ein.
Pavillons mit Funktionen
Auch zwei Pavillons auf dem Platz erinnern an Objekte einer Flusslandschaft. Jeweils am westlichen und östlichen Rand des Freiraums positioniert, greifen sie das Leitmotiv der Platzgestaltung auf. Sie haben ebenfalls weichgeschwungene Grundrisse und ihre Fassaden schimmern in grünlichem Glas. Dazu geben sie wichtigen Funktionen in der Stadt Raum: Zum einen der Tourismuszentrale und im anderen Pavillon liegt das Café Cosa, eine wichtige Anlaufstelle „für drogengebrauchende oder obdachlose Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt auf der Straße haben“, wie es auf der Webseite des Cafés heißt. Dessen Positionierung inmitten der Stadt war im Vorfeld intensiv diskutiert worden. Und wie begehrt diese Einrichtung ist, wird sichtbar, wenn sie Ruhetag hat. Denn dann verweilen zahlreiche Erkrankte im öffentlichen Platzraum.
Friedliches Nebeneinander möglich
Um ein friedliches Nebeneinander verschiedener Nutzergruppen zu ermöglichen, war dem Landschaftsarchitekturbüro scape daran gelegen, einen barrierefrei zugänglichen, transparenten und gut einsehbaren Stadtraum zu gestalten (...)
Lesen Sie das gesamte Interview in der nächsten Ausgabe FREIRAUM GESTALTEN (6/2023), die im Dezember erscheinen wird.
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