Verbände beschäftigten sich mit Klimaanpassung
Beim gemeinsamen Bundeskongress der grünen Fachverbände Mitte Mai in Mannheim stand die Klimaanpassung und Wassersensibilität der Städte im Mittelpunkt. Die Stadt Mannheim nutzte die Zusammenkunft, ihr neugeschaffenes Grünsystem und die BUGA vorzustellen.
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Nach der eintägigen Gartenamtsleiterkonferenz und Mitgliederversammlung des GALK e.V. (Gartenamtsleiterkonferenz) am 11. Mai, begrüßte GALK-Präsident Rüdiger Dittmar am 2. Konferenztag zum Bundeskongress im Mannheimer Mercure-Hotel. Die Themenfülle rankte sich um den Schwerpunkt "Zukunftsstädte - klimaangepasst und wassersensibel". Der Kongress schloss am 13. Mai mit Exkursionen zu den BUGA-Ausstellungsflächen, den Freianlagen des Franklin-Wohnquartiers und zur Neckarrenaturierung und Feudenheimer Au ab.
Die Themen im Einzelnen:
Städtisches Grünsystem Mannheim
"Die Stadtplanung vom Freiraum her denken", so fasst es Christian Konowalczyk, Sachgebietsleiter Freiraumplanung der Stadt Mannheim zusammen. Die Konversionsentwicklung im Grünzug Nord-Ost (dank der Freiwerdung der Spinelli-Barracks) ist dabei ein zentraler Schritt für die Stadtentwicklung. Das Areal Spinelli wirkte als "Stöpsel", den es zu ziehen galt, um den Grünzug zu entwickeln, wie Konowalczyk und Christian Lerch, Leiter der Parkanlage BUGA, erklären.
Highligt des Landschaftsschutzgebietes ist die Feudenheimer Au in diesem Grünzug: Ein Panoramasteg (Planung RMPSLA) oberhalb der Schutzflächen dient als Eyecatcher und schützt zugleich die Biodiversitätsflächen.
Markus Roeingh, Eigenbetriebsleiter Stadtraumservice berichtet über die Managementziele des Servicebtriebs: Mannheim plant ein großes Aufforstungsprogramm sowie Nachpflanzungen und Neupflanzungen (500 bis 800 Bäume pro Jahr), wofür es ab 2024 auch neues Personal und Budget geben wird.
Regenwassermanagement Schloss Benrath
Stefan Schweizer, Präsident DGGL, erläutert das Entwässerungssystem der historischen Anlage Schloss Benrath bei Düsseldorf und spricht vom "Lernen aus der Historie": Der Hochwasserschutz und die gestalteten Wasserläufe korresponideren miteinander, was damals "hochgradig innovativ" gewesen sei: Die Wasserklosetts waren an das unterirdische Entwässerungssystem angeschlossen, Toiletten konnten daher direkt an die Schlafzimmer platziert werden. Die wassertechnische Anlagen mit Trompet/Reservoir und Dücker zeugen von einem komplexen Retentsionssystem. Heute sei durch die grundwasserbelastete Itter eine Reaktivierung des Flusslaufs eher unwahrscheinlich. Dafür nutze man das Dachwasser aktuell für die Kühlung der Räume im Sommer.
Bundespreis Stadtgrün 2022 - Tirschenreuth
"Es gibt in Tirschenreuth eine neue Zeitrechnung: Vor und nach der Gartenschau - nicht vor und nach Christus", so Franz Stahl, Bürgermeister der Kreisstadt Tirschenreuth in Bayern.
2013 veranstaltete Tirschenreuth mit "Natur in der Stadt" eine bayerische Gartenschau, die laut Bürgermeister Stahl den "Urknall" für eine nachhaltige Stadtentwicklung bildete. Für die Weiterentwicklung ihres Grünkonzeptes erhielt die Stadt 2022 den Bundespreis Stadtgrün sowie 2023 den Sonderpreis im Deutschen Stadtebaupreis. Zentrales Element zur Gartenschau war die Renaturierung und Flutung der ehemaligen historischen Teiche, die fast 600 Jahre existierten und Anfang des 19. Jahrhunderts zugeschüttet wurden.
Projekt Schwammstadt für Bäume
Landschaftsarchitekt Daniel Zimmermann (3:0 Landschaftsarchitektur) berichtet aus dem Arbeitskreis Schwammstadt in Wien, einem offenen Austauschformat, das mit Kommunen und Bundesländern kooperiert. Er spricht über die Klimawandelanpassung, zu der neben den sozialen Anpassungsmaßnahmen (zum Beispiel Fleischverzicht) auch strategische (Stärkung de ÖPNV) und lokale Maßnahmen zählen. Das Hauptaugenmerk liege aber auf den Bäumen, so Zimmermann: "Ein Baum ist eine Klimaanlage für den öffentlichen Raum." Er thematisiert das Raumproblem im Untergrund und die Korrelation von Wurzelvolumen und Alterung. Mit dem "Schwammstadt-System für Bäume" ("Ohne Blau kein Grün") fokussiere sich der Arbeitskreis auf die Bäume und den Wurzelraum und nicht wie in Deutschland auf das ganze Stadtgefüge.
Ein wichtiger Lösungsansatz von Zimmermann für eine Klimaregulierung: "Wir müssen den ruhenden Verkehr ratzeputz aus der Innenstadt rausbekommen." Denn der parkende PKW speichere die Hitze des Tages und verhindere ein nächtliches Abkühlen der Stadt: "Unsere Tropennächte sind selbstgemacht."
Stadtgarten auf dem Hochbunker in Hamburg
Die Begrünung des Hochbunker geht auf den Künstler Friedensreich Hundertwasser zurück, der bereits in den 90er Jahren zeichnerische Ideen dafür entwickelte. Die Aufstockung des sogenannten "Medienbunkers" um 20 m ermöglichte es, eine grüne Dach- und Fassadenlandschaft zu ergänzen. Landschaftsarchitekt Felix Holzapfel-Herziger (L+) erläuerte die Planung und das Pflanzkonzept, das einer Bergbepflanzung entlehnt ist. Obwohl der Dachgarten oben ein öffentlicher Stadtgarten ist, hat die Anlage die Pflegequalität einer Privatanlage - denn der Betreiber hat sich verpflichtet, die Pflege der nächsten Jahrzehnte zu übernehmen.
Mehr über das Begrünungsprojekt lesen Sie in der nächsten Ausgabe FREIRAUM GESTALTEN (3).
"Blue Green Streets"
Über "Blue Green Streets" in der fachlichen Umsetzung spricht Wolfgang Dickhaut, Fachgebietsleiter "Umweltgerechte Stadt- und Infrastrutkurplanung" und Professor an der HafenCity Universität Hamburg. Er benennt einen Paradigmenwechsel in der Wasserwirtschaft und verweist auf mögliche Speichersysteme im Stadtraum, die den Stadtbäumen zugeführt werden sollen. Seine Vision: Das aktuelle Hitzeband der Straßenräuem soll sich in einen Kühlraum wandeln. Er empfiehlt die zugängliche Toolbox als Planungshilfe (Download) sowie die "Nationale Wasserstrategie" des DWA-Positionspapiers. Sein Fazit: Die Wasserwirtschaft und Grünplanung müssen zukünftig enger und als Partner zusammenarbeiten.
DOWNLOAD Blue Green Streets Toolbox
Berliner Regenwasseragentur
Über das Ziel einer dezentralen Regenwasserbewirtschaftung als wirksamer Teil der Klimaregulierung berichtet Darla Nickel, Leiterin der Berliner Regenwasseragentur. Die 6-Personen-Agentur der Berliner Wasserbetriebe dient als Servicestelle der Stadt. Ab Juni 2023 wird eine Projektdatenbank online verfügbar sein, in der alle Berliner Regenwasserprojekte bespeichert und einsehbar sind.
Aktionsprogramm "Natürlicher Klimaschutz "
Christiane Paulus vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz informiert über das betitelte Aktions- und Förderprogramm für Kommunen, das in diesem Jahr starten wird. Die Bundesregierung hält dafür bis zu 4 Milliarden Euro bereit - soviel wie noch nie für diesen Ressortbereich. Projekte können bis zu 80 % Förderung erhalten, die auch Personal und Öffentlichkeitsarbeit inkludiert.
DOWNLOAD: Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz
Position des Deutschen Städtetags
Nicht nur Resilienz, sondern ERhaltung und vErbesserung der Lebensqualität in der Stadt, so die Position des Deutschen Städtetags, dessen Beigeordnete Christine Wilcken vom Dezernat VI in Berlin als Rednerin erschienen ist. Ihre forderung: Die Rolle der integrierten Planung muss gestärkt werden, ein Austarrieren der Interessen bleibt aber weiter notwendig.
Für Ende Mai ist eine Veröffentlichung geplant: "Hitze in der Stadt"
Klimaanpassung Mannheim
Die Stadt Mannheim steht vor großem Hitzestress in den nächsten Jahren. Daher fordert die Bürgermeistern der technischen Betriebe der Stadt Mannheim, Professor Diana Pretzel: "Klimaschutz muss Pflichtaufgabe werden."
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