Präsentation von Flowery Mead in Planten und Blomen
Bei der Biennale in Planten un Blomen wird der Garten der Landschaftskünstlerin Anouk Vogel gewürdigt, die als erste Preisträgerin im Wettbewerb 2019 ihre Gartenvision realisieren konnte. Diese hat sich seit Frühjahr 2021 zu einem Insektenmagneten entwickelt. Die Biennale findet im Rahmen des Naturschutzgroßprojektes „NATÜRLICH HAMBURG!“ statt.
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Die Biennale in Planten un Blomen
Das Naturschutzgroßprojekt NATÜRLICH HAMBURG! führt in einem zweijährigen Zyklus, einen kuratierten Ideenwettbewerb zu ökologischer Gartengestaltung in Planten un Blomen durch. Hierbei präsentieren internationale Landschaftsarchitekten Ihre Vision von naturnah gestalteten Themengärten. Kuratiert wird die gesamte Biennale von der Wiener Landschaftsarchitektin Maria Auböck.
Über die Flowery Mead
Die ornamentale Pflanzung der poetischen „Flowery Mead“ umfasst eine Vielzahl kleinwüchsiger,blühender Wildkräuter, die im Volksmund oftmals zu Unrecht als Unkraut bezeichnet werden. Dazu gehören Gänseblümchen, Veilchen, Wilder Thymian, Hornklee, Rotklee, Ehrenpreis, Kriechender Günsel und die Kleine Braunelle.
Angelegt von der Gewinnerin Anouk Vogel, des ersten Biennale Ideenwettbewerbs in 2019, hat sich seit Frühjahr 2021 die Fläche innerhalb eines Jahres zu einem Insektenmagneten entwickelt. Der Unterschied zu den artenarmen Scherrasen im Park ist seh- und hörbar. Anregungen für den eigenen Garten oder auch andere Parkflächen sollen hier bewusst vermittelt werden: Anouk Vogel möchte mit der Flowery Mead eine Botschaft an die Hamburger Gartenbesitzer senden, wie mit minimalem Einsatz die Artenvielfalt gefördert werden kann. Das ist auch der Kern des Wettbewerbs.
Jonas Reif, Fachhochschule Erfurt, kommentiert:
"Kunst wird Natur
Mit dem Rasen verhält es sich ähnlich wie mit antiken Bauwerken und Skulpturen. Die heute dominierende Sichtweise ist erschreckend einfarbig: Ein „guten Rasen“ sollte möglichst nur aus uniformen Gräsern bestehen und „grasgrün“ sein, die Erhabenheit der Antike erklärt sich wesentlich aus dem weißen, sichtbaren Baumaterial Stein. Bei genauerer Betrachtung ist beides in der Vergangenheit ganz und gar nicht so gewesen. Spätestens seit dem 19. Jahrhundert war in der Fachwelt bekannt, in welch polychromer Pracht sich Bauten und Bildnisse der Hellenen zeigten. Geändert hat das am kolportierten „Idealbild“ nichts. Auch der Rasen wird zu einem Teppich aus gleichartigen Grashalmen verklärt. Dies geht in unserer heutigen Gesellschaft soweit, dass deren perfektionierte Pflege gar mit einem „grünen Daumen“ gleichgesetzt wird. Dabei ist ein solcher Rasen nichts anderes als das wohl künstlichste lebendige Element eines Gartens, dessen „Produktion“ immer häufiger ein Resultat aus Technik (Mähroboter, automatischer Bewässerung) und optimierter Nährstoffzufuhr (Dünger) ist.
In freier Wildbahn wäre solch ein Rasen genauso überlebensfähig wie ein Albino-Kaninchen aus Flaschenaufzucht. Das war nicht immer so. Mittelalterliche Gemälde können angesichts der Blüten und Farben selbst beim Laien den Verdacht erwecken, dass im Außenraum zu jener Zeit andere Bodenbedeckungen „State of the Art“ waren. Idealisierungen sind zwar nicht auszuschließen, doch spätestens seit 1503 ist in detailreicher Großaufnahme festgehalten, wie ein „Großes Rasenstück“ damals aussah (vergleichbare Werke des Künstlers Albrecht Dürer, wie der „Feldhase“, lassen auf eine hohe Authentizität des Visualisierten schließen).
Auch wenn aufgrund der Artenzusammensetzung der Flächeneindruck insgesamt weniger einheitlich gewesen sein muss, schien die wichtigste Eigenschaft, die ein Rasen zu erfüllen hat, gewährleistet: Die (gelegentliche) Begehbarkeit. Genau auf diese wesentliche Funktion konzentriert sich auch Anouk Vogel bei ihrer Arten-Auswahl, mit der sie eine artenarme, von Gräsern bestimmte Fläche aufwerten möchte - ihr damit quasi zur früherer Schönheit und Vielfalt verhelfen will.
Doch ein „zurück zum Ursprünglichen“ ist keineswegs ein Selbstläufer. Mitunter ist ein artenreicher Blumenteppich genau so schwierig zu erzielen, wie einen Hochleistungsrasen zu erhalten. Denn die über Jahrhunderte ausgelesenen Rasengräser, die sich auch in Planten un Blomen wiederfinden dürften, sind allgemein konkurrenzstärker und standorttoleranter als einstige Wildformen.Die von Anouk Vogel praktizierte Pflanzung führt zunächst zu fast ornamentalen Formen. Sie orientiert sich dabei an den Darstellungen dichter Pflanzenteppiche in den Tapisserien des Mittelalters und der Frührenaissance.
Auch wenn diese Vorgehensweise auf uns artifiziell erscheint, ähnelt die daraus entstehende Komposition doch in erstaunlicherweise Aspektfolgen natürlicher Wiesengesellschaften und Patchwork-Mustern, die aus kleinflächiger Standortheterogenität resultiert. Diese Muster werden nicht beständig sein. Nicht jede Art wird für den Menschen sichtbar, vielleicht wird manche sogar ganz verloren gehen.Der kalkulierte Verlust des Kunstwerkes innerhalb einer größeren „Kunstfläche“ ist daher nichts anderes, als die Absicht und Hoffnung, etwas Verlorenes neu zu finden. Der Ausgang ist ungewiss, aber höchst spannend."
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