Arbeiten nicht auf die Zukunft verschieben
Wie die Stadtverwaltung Essen mit der Krisensituation umgeht und welche Themen gerade nicht in den Hintergrund rücken, erläutert Sebastian Schlecht im Interview mit Juliane von Hagen. Er ist zuständig für strategisches Management im Geschäftsbereich 6 für Umwelt, Verkehr und Sport der Stadt Essen.
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Vor welche Herausforderungen hat die Corona-Pandemie Sie gestellt?
Sebastian Schlecht: Ein solches Ereignis hat sich vielleicht manch einer in seiner Phantasie schon einmal vorgestellt, aber die Realität hat uns alle plötzlich und ziemlich unvorbereitet getroffen.
Eigentlich haben allen die Ereignisse in Italien die Augen geöffnet. Das war auch der Moment, in dem in der Stadtverwaltung ganz konkret gehandelt wurde. Da in der föderalistischen Bundesrepublik die Kommunen für die Regelungen auf ihrem Stadtgebiet zuständig sind, entstand immenser Druck und Handlungsbedarf. Wir mussten kurzfristig alle Möglichkeiten und Rahmenbedingungen zur Um- und Durchsetzung der neuen Regeln diskutieren. Intensive Debatten führten zum Teil noch spät abends zu Entscheidungen, die dann am nächsten Morgen schon wieder von der Realität überholt wurden.
Welche Besonderheiten gab es in der Stadt Essen?
S.: Relativ schnell musste in Essen und unter den Kommunen eine Meinung dazu gebildet werden, wie wir zum Beispiel mit unseren Spielplätzen und eintrittspflichtigen Parkanlagen umgehen. Kurzzeitig waren dann zwar die Parks in der einen Stadt geschlossen, während sie in einer Nachbarsstadt noch geöffnet waren. Das war eine besondere Situation hier im Ruhrgebiet, in dem die Städte unmittelbar aneinandergrenzen und die Menschen täglich die Stadtgrenzen überqueren.
Welche Themen rücken derzeit in den Hintergrund?
S.: Natürlich treten einige alltägliche Aufgaben in diesen Tagen in den Hintergrund. Aber trotz Corona bleiben die wichtigen Themen der Stadtverwaltung aktuell. Wir können unsere Arbeit nicht auf die Zukunft verschieben. Ob es um das Anlegen von Fahrradstraßen, das Pflanzen von Bäumen, die Sanierung von Sporthallen oder Klimaschutzmaßnahmen geht, diese Prozesse laufen weiter. Sie sind langwierig und zum Teil abhängig von der Jahreszeit oder den Entscheidungen der Politik. Da müssen wir dranbleiben. Uns bleiben ja auch die Probleme erhalten – aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Der Kimawandel zum Beispiel, wird uns sicher auch in diesem Jahr wieder beschäftigen.
Welche Chancen hat die besondere Situation gebracht?
S.: Die Stadtverwaltung in Essen zeigt sich in dieser Notsituation sehr kreativ und flexibel. Bisher konnten wir für alle wichtigen Fragen Lösungen finden. Ich denke, dass wir hier eine große Verantwortung haben, die Entscheidungsstrukturen der Demokratie auch in diesen Zeiten aufrecht zu erhalten. Zurzeit bin ich wirklich sehr beeindruckt, wie kultiviert und engagiert alle mitwirken und wie rücksichtsvoll die Menschen miteinander umgehen. Hoffentlich bleibt es dabei, denn ich vermute die nächsten Wochen werden uns noch sehr fordern.
Wie sieht ihr Alltag in der Stadtverwaltung heute aus?
S.: Große Teile der Belegschaft konnten wir ins Homeoffice verlagern und nach wenigen Tagen waren wichtige Termine und Abstimmungen per Telefonkonferenz oder Video an der Tagesordnung. Gut, dass diese Technologien schon vorhanden waren, wenn auch bisher fast ungenutzt. In der Not und mit viel Engagement ist hier Erstaunliches geschehen, was ich nicht für möglich gehalten hätte.
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