Stauden im urbanen Raum
“Urban Growth - Perennial Plantings Beyond Nature” wie der Name schon erraten lässt, ging es auf der Konferenz in Südschweden nicht um das Wachsen der Städte sondern eher um das Gedeihen von Stauden im urbanen Raum. Geladen haben dazu Peter Korn und seine Partnerin Julia Andersson, die mit ihrer Institution „Klinta Trädgård“ mehr als nur einen Garten und eine Gärtnerei aufbauen wollen, sondern auch einen internationalen Treffpunkt der Pflanzenverwender. Auf dem Weg dahin war die dreitätige Konferenz Urban Growth Anfang September diesen Jahres ihre erste Großveranstaltung. Gekommen sind über 200 Zuhörer aus 16 verschiedenen Ländern.
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Um sich dem Thema Staudenpflanzungen „jenseits der Natur“ aus möglichst verschiedenen Perspektiven anzunähern, wurden die drei Tage mit neun renommierten Rednern gefüllt. Diese kamen mehrheitlich aus dem angelsächsischen Raum und allen war gemein, dass sie sich bei dem Thema Staudenverwendung an einem orientieren: Der Natur oder besser gesagt dem natürlichen Vorkommen, also der Vergesellschaftung von Pflanzen. Platz für den traditionellen Gartenbau gab es dabei wenig. Um dieses komplexe Feld verdaulicher zu gestalten, wurden die Tage in verschiedene Unterthemen gegliedert: Inspiration day, Learning day, Doing day.
„Es ist nicht möglich, die Uhr zurück zudrehen“ eröffnete James Hitchmough den ersten Tag, den Inspirationstag. In seinem ersten Vortrag „Planting the sustainable city“ sprach er über die neuen Herausforderungen bei Pflanzungen im urbanen Raum und versuchte Mut zu machen und „mit einem unvoreingenommenen Blick“ in die Zukunft zu schauen. Dabei ging es ihm nicht nur um neue Methoden Pflanzungen anzulegen, sondern auch um die anhaltende Diskussion über die Verwendung von einheimischen und exotischen Pflanzen. Wobei er, mit dem Blick auf den Klimawandel und den veränderten städtischen Raum, klar betonte, dass „lokale Arte nicht alle Probleme lösen können“.
Thomas Rainer, einer der beiden Autoren von „Planting in a post-wild world“, referierte danach in eine ähnliche Richtung. Er und seine Mitautorin Claudia West werben für eine Pflanzenverwendung, die zwischen dem traditionellen Gartenbau und natürlichen Systemen liegt. Dabei kämpfen sie vor allem gegen die Anlagen, die durch stupide „Mow & Blow care“ zu erhalten sind. Solche sogenannten „Mähen und Blasen-Pflege“-Anlagen sind in den USA zum Teil noch weit mehr vertreten als in unseren europäischen Vorgärten. Ihre Waffen sind dabei Pflanzungen die eher funktionell und in verschiedenen horizontalen Schichten aufgebaut sind. Die für die Pflege wichtigste Schicht ist dabei die Bodenschicht, auch „grüner Mulch“ genannt, die den Boden dauerhaft und vor allem während der Winterzeit bedeckt hält. Rainer sprach dabei auch von Pflanzungen, die unabhängig von Trends in der Staudenverwendung machbar sein sollten: „Trends kommen und gehen. Wichtig ist, dass eine Pflanzung dauerhaft funktioniert und ansprechend ist.“
Mit Carrie Preston vom niederländischen Studio Toop und dem französischen Paar Patrick und Sylvie Quibel, Besitzer vom Garten „Le Jardin Plume“ wurden in zwei Vorträge eine erfrischend anders gedachte und leichte Pflanzenverwendung gezeigt.
Am zweiten Tag gab es dann geballtes Wissen. Den Anfang machte wie am Vortag James Hitchmough, der stellvertretend für Nigel Dunnett über Raingardens und Dachbegrünung sprach. Ein Beispiel für nachhaltige Regenwassermanagement, das er vorstellte, war das „Grey to Green“-Projekt in Sheffield. Ein linearer Park, der mit seinen Versickerungsanlagen und einer innovativen Staudenverwendung so ansprechend ist, dass er das Laufverhalten der Bevölkerung in Sheffield verändert hat: „Die Leute nehmen jetzt einen anderen Weg durch die Stadt, um hier durch zu laufen!“
Darauffolgend nahm Panayoti Kelaidis, Kurator und Leiter der Öffentlichkeitsarbeit beim Botanischen Garten in Denver, den Zuhörer mit auf eine Reise zu den Steppen der Erde. Bei seinem Vortrag über die Steppe, „der Mutter der Gärten“ standen nicht nur die Pflanzen und deren Nutzung im heimischen Garten im Mittelpunkt, er beleuchtete auch die Geschichten der Steppenvölker und der Völkerwanderung.
„Lasst uns die langweiligen Parks loswerden!“, forderte Kevin Hughes die Zuhörer in seinem Vortrag über „Gehölzpflanzungen in Parks“ auf. Er erklärte, wie man durch gezielte Verwendung von Blühgehölzen oder Kletterpflanzen Farbe, Insekten und Abwechslung in die Gehölzflächen bekommt. Nicht so abwechslungsreich waren manche der Fotos, die John Greenlee von seinen Lieblingsgärten zeigte: Weite Graspflanzungen. „Halte es ruhig“, wie es der sogenannte „Mister Gras“ erklärte. Neben Verwendungshinweisen zeigte er den Ursprung der Verwendung von Gräsern in den USA. Weil es 1978 nur zwei Ziergräser auf dem Markt gab, traf er schnell auf einen Spezialisten in den Staaten - den deutschen Kurt Bluemel. Später hat dieser ihm geholfen seine eigene Gräser Gärtnerei aufzubauen. Derzeit liegt Geenlees Fokus eher auf ökologische Graslandschaften.
„Lasst uns die Ärmel hochkrempeln“, war dann das Motto am letzten Tag. Nochmal sprach Thomas Rainer, diesmal hatte er aufgemuntert, „die Natur zu hacken“. Dabei ging es nicht um das Jäten, sondern um das, was wir sonst nur aus dem Internet kennen. Was er damit meinte war, dass wir ein Verständnis dafür brauchen, wie Biodiversität und das Zusammenspiel der Pflanzen in einer Gesellschaft funktioniert. Und er hat auch einen weiteren wichtigen Faktor unterstrichen: Die Pflege, „nur so lässt sich im Garten ein Artenreichtum erhalten.“
Über den Artenreichtum der Wirbellosen im Garten hat dann danach Kevin Hughes gesprochen. Leidenschaftlich hat er die verschiedenen Tiere und deren Nutzen für uns und das Ökosystem so erklärt, dass man danach Lust bekommen hatte, Brennnesseln im eigenen Garten zu pflanzen.
Peter Korn zeigte in seinen Vortrag über die Gestaltung von Pflanzstandorten, wie er ein Waldstück in Schweden zu einen ausgesprochenen vielseitigen Steingarten verwandelte. Eine Möglichkeit, die er sich für seine Projekte zum Nutzen macht. Neuerdings legt er Staudenpflanzungen nur noch im reinen Sand an.
Abschließend konnte James Hitchmough noch einmal referieren. „Schaue zurück!“, war der reißerische aber doch bedeutende Ausruf seines Vortrags. Getreu dem Motto: „Kenne deinen Feind“, hat er diesmal Geschichten vom Scheitern erzählt und aufgezeigt, wie wichtig es ist eine Pflanzung nach der Fertigstellung nicht zu vergessen. Und er hat auch weitere Tipps gegeben. Einer der Wichtigsten war: „Entwerfe für die Pflege, die du bekommst“.
Insgesamt eine inspirierende und motivierende Veranstaltung, vor allem für alle, die gerne auch mal die klassischen Wege der Staudenverwendung verlassen möchten. Interessant wäre es gewesen auch Redner von anderen Kontinenten zu hören. Aber das kommt dann vielleicht bei der nächsten Konferenz. Peter Korn und Julia Andersson planen diese für 2019. Und für interessierte Gärtner, die kein Problem mit dunklen Wintern haben: Peter Korn sucht derzeit einen Chefgärtner für seinen Garten in Eskilsby.
Kontakt
eng.peterkornstradgard.se
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